Isabel Brachowicz als Hauptdarstellerin im Antikriegsfilm

Bereits mit zwölf Jahren schnupperte sie Bühnenluft.

7 Min.

© Samuel Therani

Nun brilliert die 21-jährige Stockerauerin als Hauptdarstellerin im Antikriegsfilm „Keinen Schritt zurück!“. Ein Film über junge Menschen, die für ihre Ziele kämpfen – auch wenn sie verlieren.

Dass man auch mit geringem Budget großartige Filme drehen kann, das beweist ein junges Team mit niederösterreichischer Beteiligung. Das Projekt begann mit einem Buch des Waldviertlers Florian Juterschnig. Heute ist der Mittzwanziger Schriftsteller, Schauspiellehrer wie auch Produzent des Films. Gedreht wurde der Historienfilm im Sommer 2021 an nur 23 Tagen im Schloss Ebergassing, in Drosendorf und in Eggenburg, im Eisenbahnmuseum Strasshof und im Weinviertler Museumsdorf Niedersulz. Am Set: der Kameramann Markus Groyss aus Wiener Neustadt, der bekannte Schauspieler Martin Ploderer aus Tullnerbach und die beiden Nachwuchs-Schauspielerinnen Bianca Kobald und Isabel Brachowicz, für die es der erste Film ist. Ebenso wie für Vesely Marek, der mit dieser berührenden Geschichte über die Geschwister Stuart sein Regie-Debüt gibt.

© Optix Society

Die Handlung.

Das fiktive Königreich Bergen im Sommer 1962. Missmutig versieht die 17-jährige Elisa Stuart (Isabel Brachowicz) ihren Pflichtdienst als Frontkrankenschwester. Im vierten Kriegsjahr macht sich niemand mehr große Illusionen. Als sie in eine Schießerei verwickelt wird und feindliche Soldaten tötet, erklärt man das traumatisierte Mädchen zur Nationalheldin. Fortan wird sie schonungslos als Maskottchen für die „Wochenschau“ missbraucht und muss überall auftreten, um die Moral zu stärken. In ihrer verarmten Heimatstadt zerbricht derweil die Familie an der allgemeinen Not. Als man sie dem pensionierten General Roald (Martin Ploderer) als Haushälterin zuteilt, wendet sich das Blatt. Er entlarvt die Lügen um ihre Person und öffnet ihr die Augen. Schließlich steht Elisa vor der Wahl, sich auf einen riskanten Plan einzulassen, der ihre Familie retten und den Menschen in Bergen die Freiheit wiedergeben könnte.

Isabel, du hast deine Ausbildung in der Schauspielakademie Stockerau absolviert, spielst an der Bunte Bühne Spillern wie auch beim Straßentheater Stockerau und studierst derzeit Germanistik an der Uni Wien. Was bedeutet es für dich, Schauspielerin zu sein?
Isabel Brachowicz: Schauspiel ist so viel mehr als das, was man dann tatsächlich auf der Bühne oder der Leinwand zu sehen bekommt. Die ganze harte Arbeit davor, damit es überhaupt erst zu dem Endergebnis kommen kann, bleibt meistens verborgen, ist aber essenziell. Durch meine Arbeit als Schauspielerin möchte ich Menschen bewegen – sie sollen lachen, weinen und im besten Fall auch reflektieren und hinterfragen. Durch diese Kunst ist es mir möglich, in verschiedene Leben zu schlüpfen. Doch das mit Abstand Schönste daran ist, dass einem keine Grenzen gesetzt sind. Schauspiel gibt mir somit ein Gefühl von Freiheit.

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Die Rolle der Elisa Stuart ist sicher keine einfache gewesen. Wie hast du dich – mitten in der Coronazeit – mit dieser Kriegs-Thematik auseinandergesetzt?
Dank Corona hatte ich zwar mehr Zeit als gedacht, um mich auf die Rolle vorzubereiten, nichtsdestotrotz fielen die Dreharbeiten aber so, dass ich in einem Moment noch für meine Matura gelernt habe und im nächsten schon am Filmset gestanden bin. Deswegen war es ein ziemliches Hin und Her zwischen dem Lernen für die Schule und den Proben für den Film. Allerdings habe ich versucht, viel Literatur für meine Recherchen heranzuziehen. Von Büchern und Filmen bis hin zu Dokumentationen habe ich alles verschlungen, um mir einen Überblick zu verschaffen. Dennoch wollte ich keine bereits existierende Figur nachahmen, sondern etwas völlig Neues schaffen.

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Ihr seid ein sehr junges Team. Wie war die Stimmung am Set?
Dafür muss ich ein wenig ausholen: Mein allererstes Vorsprechen war tatsächlich für diesen Film. Davor kannte ich zwar die Welt des Theaters, war aber dementsprechend von Selbstzweifeln geplagt, und da hat es mir sehr geholfen, dass mir die gesamte Crew mit einem Vertrauen entgegengekommen ist, das größer nicht hätte sein können. Das ganze Team ist durch dieses Projekt zu einer Familie zusammengewachsen, und ich hätte mir trotz der nervenaufreibenden Arbeit keine lustigere Zeit vorstellen können.

Du musstest sogar feindliche Soldaten töten, wurdest traumatisiert. Hat dich diese Rolle verändert?
Definitiv! Als ich damals vom Produzenten angesprochen und zum Casting eingeladen wurde, ist für mich ein Traum in Erfüllung gegangen. Ich war gerade einmal 17 Jahre alt und hatte zuvor noch nie vor der Kamera gespielt. Nie hätte ich gedacht, ein Teil von diesem Projekt zu werden, geschweige denn, mein Gesicht wenige Jahre später auf der großen Kinoleinwand zu sehen. Dann auch noch die Hauptrolle verkörpern zu dürfen, das scheint mir bis jetzt noch surreal.

KEINEN SCHRITT ZURÜCK! Eine Filmrolle, die mich verändert hat.

Isabel Brachowicz

Wie meinst du das?
Die Sache, die mich als Schauspielerin sehr beschäftigt hat, ist das Phänomen ihrer Passivität. Denn obwohl im Film Elisas Version der Geschichte erzählt wird, merkt man schnell, dass man es mit einer Rolle zu tun hat, die von anderen wie eine Schachfigur bewegt und bloß für die jeweils eigenen Zwecke ausgenutzt wird. Dabei wird nie darauf eingegangen, was sie eigentlich möchte. Ein Recht auf Selbstbestimmung hat Elisa somit nicht – nicht mehr. Eine Tatsache, die mich persönlich schwer schlucken lässt. Ich habe mir immer für sie gewünscht, dass sie eines Tages die Chance bekommt, nach all den Schrecken wieder zurück in ihr Leben zu finden. Durch die intensiven Dreharbeiten und Vorbereitungen darauf durfte ich nicht nur unfassbar viel an Erfahrung für mich als Schauspielerin sammeln, sondern ich konnte mich auch persönlich ein ganzes Stück weiterentwickeln.

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Die fiktive Geschichte wurde von der aktuellen Situation mit den Kriegen in der Ukraine und dem Angriff der Hamas auf Israel von der Wirklichkeit eingeholt. Was sind deine Gefühle dabei?
Es ist schwer zu beschreiben. Meine Gedanken schwirren umher, die momentane Situation lässt sich kaum in Worte fassen. Allein die Tatsache, dass eine solche Thematik leider immer aktuell ist, zeigt, wie wichtig es ist, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und aufzuzeigen, welche katastrophalen Auswirkungen Kriege mit sich bringen. Und wenn wir das mit unserem Film zumindest ein wenig geschafft haben, so haben wir eigentlich bereits alles erreicht.

Gewalt ist nie eine Lösung. Im Krieg gibt es keine Gewinner.

Isabel Brachowicz

Du hast mir erzählt, du hast Freunde in Israel …
Durch ein anderes internationales Filmprojekt habe ich mich viel mit dem Thema Antisemitismus beschäftigt und auch Freundschaften in Israel geschlossen. Als ich von der momentanen Ausnahmesituation erfahren habe, habe ich sofort versucht, Kontakt aufzunehmen, und mich erkundigt, ob alle wohlauf sind. Dabei haben sie mir unter anderem davon berichtet, dass sie aufgrund von Bombenangriffen in Bunker flüchten mussten, teilweise Freunde noch vermisst werden oder Familienmitglieder an der Front kämpfen müssen, ungewiss, ob sie lebend zurückkommen werden. Horrorszenarien, die man sich nicht vorstellen möchte.

MIT NUR 17 JAHREN. von der Bühne auf die große Leinwand © Samuel Therani

Weihnachten, das Fest des Friedens, steht vor der Tür. Was wünschst du dir?
Ich wünsche mir, dass wir nach all der Zeit tatsächlich einmal aus unseren Fehlern und der Vergangenheit lernen können und endlich aufhören, Feuer mit Feuer bekämpfen zu wollen. Jedes Lebewesen hat das Recht auf Leben und Frieden. Gewalt ist hierbei nie eine Lösung. Im Krieg gibt es keine Gewinner. Am Ende gehen immer beide Seiten als Verlierer hervor.

Ein Blick auf deine beruflichen Zukunftspläne?
Durch die Arbeit an „Keinen Schritt zurück!“ habe ich das „Camera Acting“ für mich entdecken können und möchte in Zukunft definitiv auch in weiteren Projekten vor der Kamera stehen. Die letzten Jahre haben mich nur weiter darin bestärkt, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Deshalb werde ich meine Ziele als Schauspielerin verfolgen: sowohl auf der Bühne als auch vor der Kamera.

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