Ich bastle mir einen Avatar

Editorial: Chefredakteurin Angelica Pral-Haidbauer legt sich schon mal eine Strategie zurecht, um künstliche Intelligenz für sich zu nutzen.

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Es war in unserer Februar-Ausgabe, als ich für mein Editorial die OpenAI-­Prototyp-Version von ChatGPT ausprobiert habe. Nur fünf Wochen später war dann bereits Chat GPT-4 verfügbar: noch besser, noch schneller und in einer Vielzahl von Sprachen, die das System teils selbst generierte. Das nennt man eine rasante Entwicklung, und ich bin mittendrin – als Kind der digitalen Revolution! Waren in meiner Schulzeit Taschenrechner noch verboten, durften wir sie im Studium bei den Wahrscheinlichkeitsrechnungen verwenden – nur, wir konnten sie nicht bedienen. Für unsere Seminararbeiten verbrachten wir die meisten Tage in der Uni-Bibliothek, oder wir schleppten das Wissen in Form von Büchern in schweren Rucksäcken nach Hause. Auch nicht schlecht war die Tatsache, dass es zu oft Nudeln mit Öl gab, weil die Kopierkosten einen guten Teil unseres mageren Budgets verschlangen.

Aber dann ging’s schnell. Mit dem Computer kamen die Mailprogramme, der Blech-Postkasten wurde immer leerer, während sich der digitale ständig füllte und uns die Soziologen vor der Gefahr des viel zitierten Hamsterrades warnten: immer schneller, immer weiter, immer höher. Paradox eigentlich! Denn, begonnen mit der Industriellen Revolution, sollte der Einsatz von Maschinen uns Menschen doch Zeit ersparen. Tatsache ist aber, dass wir von diesem kostbaren Gut mit jeder Erfindung scheinbar immer weniger zur Verfügung, jedoch immer mehr Stress haben. Wo ist sie geblieben, unsere Zeit? Wurden wir zu einer Gesellschaft, die sich nur im Steigerungsmodus erhalten kann? Und: Wird uns die Künstliche Intelligenz mehr (Frei)-Zeit bringen?

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Ich bezweifle es, hätte aber so eine Idee: Ich bastle mir einen Avatar. Während ich mich dann in den Garten zurückziehe und mit Muse meine Kräuter und Blumen pflege, wird mein digitaler Zwilling vor dem Laptop sitzen, die Flut an Mails beantworten und ganz nebenbei die Kontrollzentrale meines Handys, welche eher einer Kommandozentrale gleicht, verwalten. „Angelica, du hast 19 Anrufe, 64 Nachrichten, drei Foto-Rückblicke. Sieh dir dein aktuelles Update an. Dein iCloud-Speicher ist voll. Du hast Facebook, Twitter und Linked­IN seit drei Monaten nicht benutzt …“ Na dann, viel Spaß, mein Avatar! Und sollte deine Figur durch die permanente Sitzarbeit aus den Fugen geraten, konfiguriere ich dich neu. Mit makellosen Wunschmaßen. KI macht‘s schließlich möglich.

PS: Das WIFI NÖ widmet sich mit einer eigenen Akademie dem Thema Künstliche Intelligenz. Die KI-Kurse starten im Herbst 2023. Infos und Termine auf noe.wifi.at.

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