Tatort Klassenzimmer

Es passiert stumm, verbal oder sogar mit körperlicher Gewalt: Mobbing.

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Wie man sein Kind unterstützen und welche präventiven Maßnahmen man treffen kann, besprechen wir mit der Dipl. Psychosozialen Beraterin, Mentaltrainerin und Familiencoach Melanie Fischer.

Welcher Elternteil kennt ihn nicht, den ganz normalen Familienalltag. Ehrlich: Die Zeit ist immer knapp. Da wird schon mal gleichzeitig gekocht, an die nächsten To-dos gedacht, während ein Kind bei der Hausübung Hilfe braucht und das andere auch gerade jetzt Unterstützung in einer anderen Situation benötigt. Die Möglichkeit, dass in solchen Konstellation kindliche Signale übersehen werden, ist jedenfalls gegeben …

Melanie, Mobbing ist auch in den Klassenzimmern so präsent wie noch nie. Wie erkennt man als Elternteil, dass das eigene Kind gemobbt wird?
Melanie Fischer: Nun, da gibt es sehr viele verschiedene Anzeichen. Kinder können sich emotional sehr zurückziehen, verschlossen und traurig wirken, genauso wie sie völlig überdreht, übertrieben laut oder ängstlich sein können. Wichtig ist, auf jede Verhaltensänderung zu achten. Wenn das Bauchgefühl Alarm schlägt, sollte auch eine Handlung folgen. Wesentlich ist, dem Kind zuzuhören, obwohl das in einem Familienalltag nicht ganz leicht ist. Wenn das Kind aber vom Schulalltag zu erzählen beginnt, es förmlich zu sprudeln beginnt, dann ist das für Eltern eine Einladung, Einblick in das innere Erleben des Kindes zu bekommen.

Welche psychosomatischen Reaktionen können auftreten?
Da negative Erfahrungen emotionalen Stress auslösen, kommt es oft zu Bauchschmerzen, Kopfweh oder Übelkeit.

Wird das Kind zum Mobbingopfer: An wen wendet man sich, um eine Eskalation des Konflikts zu vermeiden?
Zuallererst ist es wichtig, mit seinem Kind in enger Verbindung zu bleiben. Dies kann oft emotional sehr herausfordernd sein, da wir vielleicht an unsere eigenen Wunden erinnert werden. Viele Elternteile zweifeln dann auch an ihrer Kompetenz als Mutter oder Vater, das Kind nicht gut genug begleitet zu haben. Ist die Situation alleine nicht mehr zu „handeln“ oder besser schon davor, nehmen Sie Kontakt zu einem erwachsenen Vertrauten Ihres Kindes in der Schule auf. Hier ist es hilfreich, gut zusammenzuarbeiten und in einem unterstützenden, gefühlvollen Austausch zu sein. Es ist zu empfehlen, sich professionelle Begleitung dazu zu holen.

Wie kann man seinem Kind den Rücken stärken?
Indem man in emotionaler, verbaler und liebevoller Verbindung zum Kind steht und das Gefühl aussendet, dass es okay ist so, wie es ist. Das Kind mit all seinen Stärken, Schwächen, Ticks und Tricks annehmen. Sagen Sie Ihrem Kind, wie wertvoll und einzigartig es ist! Kinder sind emotionale Experten und Gefühlsdetektive, somit kommt das, was Mama oder Papa im Inneren spüren, beim Kind an. Wenn die Gefühle der Eltern mit dem, was sie sagen, übereinstimmen – in der Fachsprache nennt man das Kongruenz – lernt das Kind zu vertrauen. Kongruenz ist ein wesentlicher Teil einer sicheren Eltern-Kind-Bindung! Auch das Gefühl von Zugehörigkeit, einem menschlichen Grundbedürfnis, stärkt den Selbstwert des Kindes. Kein Wunder also, dass gerade Mobbing so viel Schaden in unseren Persönlichkeitsstrukturen hinterlassen kann. Dies geschieht aus dem Grund, weil dadurch Grundbedürfnisse nicht erfüllt sind.

Sagen Sie Ihrem Kind und geben Sie ihm das Gefühl, dass es sowohl der Familie als auch der Klasse, vielleicht auch einem Sportverein etc. zugehörig ist. Dass es ein wichtiger Teil der Gemeinschaft ist, seine Fähigkeiten wertvoll sind. Und: Auch größere Kinder brauchen Streichel­einheiten, sanfte Berührungen und liebevollen Körperkontakt, sofern das Kind das will und es erlaubt.

Seitenwechsel: Warum werden Kinder eigentlich zu Mobbingtätern? Welches System steckt dahinter?
Danke für diese so wesentliche Frage! Hinter jedem Verhalten liegt ein Bedürfnis, das es zu erkennen gilt. Ganz oft geht es auch in dieser Position darum, sein Selbstwertgefühl durch dieses Verhalten zu steigern, seine Selbstwirksamkeit zu spüren, abzulenken von den eigenen Schwächen, Gefühlen etc. Der Mobbingtäter oder die Mobbingtäterin sendet aus: Ich bin okay, du bist nicht okay! Hier kann gleich vorgegangen werden, wie oben beschrieben.

Sie wurden von Schulen zur Mobbingprävention beauftragt und halten für Schülerinnen und Schüler sowie für Lehrkräfte und Eltern Impuls-Workshops. Worauf richten Sie hier den Fokus?
Grundsätzlich komme ich glücklicher­weise schon zur Prävention an die Schulen. Dadurch richte ich den Fokus auf das Stärken der Persönlichkeit jedes Einzelnen. Mir ist es sehr wichtig, die Bedürfnisse hinter bestimmten Verhaltensweisen zu erkennen und Kinder dort abzuholen, wo sie stehen, und ihnen das zu geben, was sie im Moment brauchen. Denn: Das größte Geschenk für sie ist, gesehen und gehört zu werden!

Ist der Wunsch nach einem mobbingfreien Miteinander eine Illusion?
Nein, ganz und gar nicht! Ich merke und freue mich sehr darüber, ein Teil dieser wundervollen Bewegung zu sein und meinen Beitrag zu leisten, Menschen in ihrer Ganzheit zu sehen, sie so anzunehmen, wie sie sind. Wenn wir es schaffen, aus der Bewertung in die Beobachtung zu kommen, jeder und jede Einzelne für sich, und die beschriebenen Tools auch für uns selbst anwenden, haben wir nicht erst in der nächsten Generation ein mobbingfreies Miteinander, sondern in naher Zukunft eine neue Art des Miteinanders, die uns stärkt, nährt und blühen lässt.

© beigestellt

About: Melanie Fischer

„Meli“ Fischers Expertise umfasst ein breites Spektrum: Sie ist Dipl. Psychosoziale Beraterin (Lebens- und Sozialberaterin), Dipl. Mentaltrainerin, Dipl. System. Coach, Dipl. Familiencoach, NLP Master, zertifizierte Aufstellungsleiterin und im Studium zum MSc. Die „Mama zweier wundervoller Kinder und Partnerin eines zauberhaften Mannes“, wie sie selbst schreibt, lebt mit ihrer Familie in der Nähe von St. Pölten. Infos: www.melaniefischer.co

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