Augenweide & Herzenswärme

Was nach einem wildromantischen Allerlei ausschaut, folgt dennoch einer klaren Struktur: Im Bauerngarten fügen sich Blumen, Kräuter und Gemüse zu einem harmonischen Ganzen. Ein Fleckerl Heimat voll mit herzerfrischendem Duft und vertrautem Geschmack.

4 Min.

© Roman Jandl

Sie wachsen opulent und scheinbar ungezügelt: Wicken, Tränendes Herz, Kugeldistel, Stockrose, Margerite, Fingerhut, Ringelblume und Akelei, um nur einige zu nennen, erfreuen uns mit ihrer Farbenpracht neben einer Vielfalt von Küchenkräutern, wie Liebstöckel, Salbei, Rosmarin oder Thymian, und Heilpflanzen, wie Schafgarbe, verschiedene Melissen-Arten, Herzgespann, Eibisch, Kamille oder Johanniskraut – sie alle erzählen von der Vielfältigkeit und Lebendigkeit, welche die Natur uns schenkt. Wir fragen Ale­xander Schneider und Irene Reichart aus dem Gartenteam des Weinviertler Museumsdorfs Niedersulz, wie man seinen eigenen Bauerngartentraum verwirklichen kann.

Ein typischer Bauerngarten

Was zeichnet einen typischen Bauerngarten aus?
Idealisierte Bilder von Bauerngärten entstanden Ende des 19. Jahrhunderts und beeinflussten die Vorstellungen eines scheinbar authentischen Gartens in der Folge stark. Ein bäuerlicher Garten definiert sich jedoch über seine vom Alltag bestimmte Funktionalität. Neben Gemüse und Obst für die Versorgung finden sich Kräuter als Würz- und Heilpflanzen und Blumen als Schmuck fürs Haus und Brauchtumsveranstaltungen in den Gärten.

Kann man einen Bauerngarten auch auf einer kleinen Fläche anlegen?
Natürlich. Der Charakter ergibt sich durch das Nebeneinander. Gegebenenfalls müssen Einschränkungen bei Menge und Vielfalt der Bepflanzung in Kauf genommen werden.

Die Opulenz im Museumsdorf entsteht auch durch das mehrmalige Bepflanzen einjähriger Blumensorten. Wie sollte das Verhältnis von mehrjährigen zu saisonalen Pflanzen im privaten Garten sein?
Die Vorgärten des Museumsdorfes drücken den Wunsch der ehemaligen Bewohner nach einem Wohlstandssymbol aus. Daher liegt bei uns der Schwerpunkt vor allem im üppigen Blütenschmuck, der aber einen hohen Pflegeaufwand bedingt. Im Privatbereich würden wir empfehlen, ein Drittel bis die Hälfte mit mehrjährigen Stauden zu gestalten.

Ein Bauerngarten ist auch eine Hausapotheke. Worauf ist hier zu achten?
Pflanzen lagern in der Wachstums–phase Stoffe aus ihrer Umgebung ein. Das betrifft auch Schadstoffe und Umweltgifte. Durch den Wasserentzug beim Trocknen verstärkt sich deren Konzentration. Daher sollte unbedingt auf chemisch-synthetische Dünger und Spritzmittel verzichtet werden. Die Dosis macht das Gift, wie schon Paracelsius wusste. Kenntnisse über die Wirkungsweisen der Inhaltsstoffe sind somit eine Grundvoraussetzung für die Anwendung. Im Zweifelsfall hilft eine gute Beratung.

Selbstversorgung ist wieder ein großes Thema. Es gibt Berechnungen, dass ein Nutzgarten mit Obst, Beeren und Gemüse einer dreiköpfigen Familie bis an die tausend Euro im Jahr ersparen kann. Gibt es hier Regeln für den Anbau?
Dies ist von der zur Verfügung stehenden Anbaufläche und der Arbeitsleistung, die man investieren möchte, abhängig. Bei beschränkten Platzverhältnissen sollte der Fokus auf der Saisonalität liegen. Radieschen, Salate, Paradeiser, Paprika und andere schnell wachsende Kulturen sind zu empfehlen. Wenn die Möglichkeiten vorhanden sind, bieten Gemüse mit langen Standzeiten, wie Zwiebel, Kraut- und Kohlgewächse, die Gelegenheit, einen Wintervorrat anzulegen. Auch hier sollte auf organische Dünge- und Pflanzenschutzmittel Wert gelegt werden.

Museumsdorf Niedersulz


Neben den Kräuter-, Gemüse- und Blumenvorgärten nach ökologischen Richtlinien von „Natur im Garten“ gibt es auch den Schul- und Bibelgarten, wo entsprechende Pflanzen gedeihen. Die weitläufigen Grünanlagen werden durch einen Kürbisacker, eine Streu­obstwiese und historische Weinstockkulturen ergänzt. Im gesamten
Gartenareal wachsen rund 340 ver­schie­­dene alte Obstbaumsorten, wobei Wald und Hecken eine natürliche Schutzfunktion für Vögel und Insekten bilden.

Pflanzenmarkt!
Am 29. April von 10 bis 16 Uhr können eine Vielzahl biologisch gezogener Raritäten für den eigenen Anbau erworben werden.
Infos: www.museumsdorf.at

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