
Bollywood im Waldviertel: Nina Blum im Interview über „Best Exotic Marigold Hotel“
Eine Culture-Clash-Komödie über Liebeswirren, Vorurteile und das Verlassen der Komfortzone.
© Martin Hesz
Mit der deutschsprachigen Theater-Uraufführung der Filmkomödie „Best Exotic Marigold Hotel“ feiert Nina Blum als Intendantin der Sommernachtskomödie Rosenburg ihr 10-Jahres-Jubiläum. Eine temporeiche Culture-Clash-Komödie über Liebeswirren, Vorurteile und was man nicht alles gewinnen kann, wenn man bereit ist, seine Komfortzone zu verlassen …
„Best Exotic Marigold Hotel“: Bunte Saris, Tücher, Rikscha-Fahrer und Videowalls
So reist man als Besucher in der vom Bühnenbildner und Regisseur Marcus Ganser gestalteten Rundbühne vom ruhig-grünen Waldviertel ins faszinierend-farbenprächtige Rajasthan, wo unterschiedliche Mentalitäten und Kulturen lustvoll aufeinanderprallen. „Angegraute kulturelle Vorurteile treffen auf ausgelassene Lebensfreude, Offenheit, Spaß am Chaos und Improvisation“, erklärt Marcus Ganser, nach eigenen Angaben „Theaternarr seit seinem vierten Lebensjahr“, diese wie immer von ihm reduziert-moderne Inszenierung.
Die Geschichte. Das Leben in Großbritannien ist nasskalt und teuer. Also übersiedelt eine Gruppe britischer Seniorinnen und Senioren ins exotische Indien und checkt im „Best Exotic Marigold Hotel“ in Jaipur ein. Im wesentlich günstigeren Land wollen alle ein neues Leben beginnen. Doch die angebliche Luxus-Residenz ist weit entfernt vom versprochenen und erhofften Standard. Die Gruppe landet in einer Bruchbude, die die besten Tage hinter sich hat und außer den Engländerinnen und Engländern keine weiteren Gäste beherbergt. Gelingt es ihnen dennoch, ihre Träume zu verwirklichen? Wir bringen einen ersten Ausblick im Gespräch mit der Intendantin Nina Blum …
Nina Blum im Interview
Nina, seit zehn Jahren bringst du (Film)-Komödien aus aller Welt auf die Bühne der Rosenburg. Sei es Woody Allens „Eine Mittsommernachts-Sex-Komödie“, „Monsieur Claude und seine Töchter“, „Amadeus“, „Ein Käfig voller Narren“ oder „Shakespeare in Love“. Warum hast du dich heuer für „Best Exotic Marigold Hotel“ entschieden?
Nina Blum: Mir hat der Film sehr gut gefallen und als ich dann vom Verlag erfahren habe, dass wir die deutschsprachige Erstaufführung auf die Bühne bringen können, war ich ganz glücklich. Das ist ein tolles Stück für unser 10-jähriges Jubiläum! Denn mir ist bei jeder Komödie wichtig, dass sie auch eine schöne Botschaft transportiert. In diesem Fall: „Es ist nie zu spät seine Träume zu verwirklichen und noch einmal das große Glück zu erleben.“ Ein großer Teil unseres Publikums ist im Alter der Hauptprotagonisten, daher finde ich es wichtig, Menschen ab 65 plus Mut zu machen, dass es sich auch im Alter lohnt, die eigene Komfortzone immer wieder zu verlassen. Nur wer etwas wagt, wird das unverhoffte Abenteuer erleben. So wie unsere britischen Seniorinnen und Senioren, allesamt liebenswerte, schrullige Personen, die das große Abenteuer Indien wagen.
Apropos Indien, was verbindet dich mit diesem faszinierenden Land?
Indien ist für mich sehr besonderes. Ich war insgesamt schon fünfmal dort. Ganz im Norden in Ladakh, in Rajasthan, in Dharamsala, der Exilheimat des Dalai Lama, und zweimal im Süden. Dieses Land ist voller Gegensätze, Farben, wunderbarer Menschen und voller Überraschungen. Viele sagen, Indien liebt oder hasst man. Ich gehöre definitiv zur ersten Gruppe und freue mich, wenn ich dieses Land voller Märchen und Mythen bald wieder einmal bereisen kann.
Liebeswirren & Vorurteile
Im „Best Exotic Marigold Hotel“ geht es auch um den Abbau von Vorurteilen…
Absolut, fast alle Figuren haben anfangs ganz schön viele Vorurteile, die sie im Laufe der Geschichte abbauen dürfen. Das mag ich so sehr an diesem Stück: fast jede Figur verändert sich, wird offener, abenteuerlustiger, mutiger und auch dankbarer dem Leben gegenüber.
Um welche Vorurteile handelt es sich?
Da gibt es beispielsweise die englische Witwe Evelyn, gespielt von Konstanze Breitebner, die zu Beginn der Meinung ist, viel zu alt für ein Abenteuer wie Indien zu sein. Oder Jean, eine pensionierte Lehrerin, dargestellt von Sylvia Haider, die vor der indischen Kultur generell voller Vorurteile ist. Oder Sonja Romei in der Rolle der indischen Mutter des Hotelmanagers, Mrs. Kapoor, die ihrem Sohn keine erfolgreiche Hotelführung zutraut. Ein anderes Vorurteil besteht gegenüber der Reinigungskraft Esha, einer „Unberührbaren“, wie man Inder der niedrigsten Kaste nennt. Mit „Unberührbaren“ wird in der indischen Gesellschaft oft nicht einmal gesprochen; umso mehr überrascht es Esha als ihr Muriel (Dany Sigl), eine der britischen Pensionistinnen und ehemalige Reinigungskraft aus London, Putztipps gibt. Zwischen den beiden entsteht eine besondere Freundschaft. Oder der 75-jährige Graham (Eduard Wilner), der nach Indien reist, um die Liebe seines Lebens wiederzufinden. Vor 40 Jahren war er mit einem jungen Inder liiert, doch da Homosexualität in Indien bis 2018 verboten war und bis heute mit viel Diskriminierung verbunden ist, hatte diese Liebe keine Chance. Jetzt hofft er, diesen Mann noch einmal zu begegnen…
Die zentrale Botschaft von „Best Exotic Marigold Hotel“

Was braucht es, um glücklich zu sein?
Ich glaube, dass es für Menschen in jedem Alter wichtig ist, das Gefühl zu haben, gebraucht zu werden. Man könnte es auch anders formulieren: ein zufriedenes Leben ist ein Leben mit Sinn. Was uns als sinnvoll erscheint, ist natürlich höchst individuell und genau das zeigt das Stück so gut. Jede Figur findet ihren Sinn in ganz unterschiedlichen Dingen, die eine in einer neuen Liebe, die andere in einer sinnvollen Beschäftigung, die dritte im Wiederfinden einer verloren geglaubten Lebensfreundschaft, die nächste in der Unterstützung Bedürftiger, usw. Es wird also spannend…
Was ist die zentrale Botschaft dieses Stücks?
Es ist nie zu spät, nochmals neu zu beginnen oder auch in der Liebe einen zweiten Frühling zu erleben …
Alle Infos und Termine auf www.sommernachtskomoedie.at
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