Autorinnentalk mit Nathalie Rouanet

Ihr Roman „Indienrot“ – ein poetisches Kunstwerk

3 Min.

© Maria Noisternig

1966 in Frankreich geboren, lebt und arbeitet Nathalie Rouanet seit 1990 in Klosterneuburg. Die in Germanistik und Romanistik promovierte Autorin ist Übersetzerin für Film, Theater und Literatur und tritt unter dem Namen Ann Air als Slammerin auf. Sie erhielt zahlreiche Stipendien und Förderpreise. Im Autorinnentalk erzählt Nathalie Rouanet über ihren Roman „Indienrot“ – ein poetisches Kunstwerk!

Ihr im Jahr 2023 im Pariser Verlag Perspective cavalière erschienener Roman „Rouge indien“ ist seit September 2024 als deutsche Ausgabe in der edition atelier erhältlich. Auf 126 leinengebundenen Seiten begibt sich Nathalie Rouanet auf die Spuren einer außergewöhnlichen Frau und Künstlerin im vorigen Jahrhundert: Amrita Sher-Gil, geboren 1913 in Budapest/Österreich-Ungarn, und gestorben 1941 in Lahore/Britisch-Indien, wurde als „indische Frida Kahlo“ verehrt und führte ein kurzes, schillerndes und ausschweifendes Leben.

die Malerin Amrita Sher-Gil

Nathalie, was hat Sie dazu inspiriert, einen Roman über die Malerin Amrita Sher-Gil zu schreiben?
Am Ende einer Rajasthan-Reise 2006 habe ich in der National Gallery of Modern Art in Delhi zum ersten Mal einige ihrer beeindruckenden Werke gesehen: Es waren sichtbar zwei Stil-Perioden zu erkennen, und ihre Lebensdaten deuteten auf ein tragisches Schicksal. Ich wollte mehr über sie erfahren und habe Recherchen angestellt. Das war der Auslöser.

Sie nähern sich Amritas Leben sprach-, farb- und bildgewaltig, indem sie – wie in einem Film – die „Linse“ auf prägende Momente im Leben der Künstlerin und ihrer Familie werfen. Warum dieser „Blick“?
Amritas Bilderwelt war von den Opern und Stumm- oder Tonfilmen geprägt, die sie in der Kindheit gesehen hatte. Schon als achtjährige zeichnete sie Messaline, Madame Butterfly, Rudolf Valentino oder Conrad Veidt und schwärmte in ihrem Tagebuch von der Schönheit dieser ihrer Vorbilder. Außerdem begeisterte sich ihr Vater, ein Gelehrter, für die neuen Errungenschaften der Ton- und Bild-Technik und experimentierte damit.

Inspiration für viele junge Künstler in Indien

Der Bogen ist weit: von der Kindheit in Budapest in das nordindische Punjab, von ihrem Kunststudium in Paris, von Begegnungen mit ungarischen Roma und deren Einfluss auf ihre Malerei. Anhand welcher Ihnen zur Verfügung stehenden Quellen konnten Sie ihren Weg so detailgetreu nachzeichnen?
In den ersten Jahren meiner Recherchen konnte ich wenig Material finden. Ich hatte zwei Ausstellungskataloge und fand erst nach und nach im Netz Abbildungen ihrer Werke sowie Fotografien ihres Vaters, die das Familienleben, die Reisen, die Interieur und den Kleidungsstil gut dokumentieren.

Bis dann ihr Neffe Vivan Sundaram eine englischsprachige Monografie publizierte, in der nicht nur all ihre Bilder verzeichnet sind, sondern auch das gesamte Fotomaterial aus verschiedenen Quellen und erhaltene Briefe – manche davon sogar als Faksimile, auf Englisch, Französisch oder Ungarisch – zu finden sind.

Amrita verstarb im Alter von nur 28 Jahren unter nie geklärten Umständen. Was ist ihr Vermächtnis?
Amrita ist heute noch Inspiration für viele junge Künstlerinnen und Künstler in Indien. Ihr selbstbestimmtes Leben, ihre sexuelle Freiheit und ihre künstlerische Einzigartigkeit haben das Potential, aus ihr eine Ikone des Feminismus zu machen.

www.nathalie-rouanet-herlt.com

_________________

Das könnte dich auch interessieren:

Roman Klementovic über sein neues Buch „Tränengrab“
Autorinnentalk mit Katharina Wallner

Abo

Wählen Sie Ihr persönliches Abo aus