Wenn Worte das Leben verändern

Affirmationen sind so etwas wie moderne Zaubersprüche. Richtig eingesetzt, können sie wie Medizin wirken und die täglichen Gedanken über einen selbst positiv beeinflussen. Melanie Pignitter weiß, wie man die Kraft der Worte nutzen und so sein Leben verändern kann.

7 Min.

© Laura Melone

Melanie Pignitter hat selbst erlebt, wie mächtig Worte sein können. Die Aussagen ihrer Lehrerin, die sie ständig als Schnecke bezeichnet, prägen sich ebenso tief in ihr Kinderherz ein wie jene des Volleyballtrainers, dass sie nicht einmal Durchschnitt auf dem Spielfeld sei. „Ich bin nicht gut genug und für andere nur eine Last!“ Die Sätze der anderen werden im Lauf der Jahre zu ihren eigenen inneren Überzeugungen. „Ich würde vermutlich heute noch mit diesen Glaubenssätzen durch die Welt gehen, wenn ich die Kraft der Worte nicht für mich entdeckt hätte“, schreibt sie in ihrem neuen Buch „Wenn ein Satz dein Leben verändert“ (siehe Buchtipp). Wir haben mit der 38-jährigen Wahl-Wienerin darüber gesprochen, warum wir achtsamer bei der Wahl unserer Worte sein sollten und woran es liegt, dass wir negativen Worten meist viel mehr Glauben schenken als positiven.

Ihre Lehrerin hat Sie als Schnecke bezeichnet und der Volleyballtrainer hat gesagt: „Wenn ich dich aufstelle, verlieren wir.“ Ist den Menschen bewusst, welche Wirkung ihre Worte auf andere haben? Sollte man im Umgang miteinander viel achtsamer sein?
Ja, ich denke, vielen Menschen ist die Macht ihrer Worte nicht bewusst. Gerade den Einfluss jener Worte, die Erwachsene zu Kindern sagen, unterschätzen wir sehr oft. Es ist bekannt, dass Kinder bis zu ihrem achten Lebensjahr wie Schwämme sind, die fast alles, was sie von Erwachsenen hören, als Wahrheit bzw. innere Überzeugung aufsaugen. Aber auch wir Erwachsenen sind anfällig dafür, den Worten von Autoritätspersonen Glauben zu schenken. Denken wir nur an die Worte des Arztes: Seine Zuversicht beeinflusst uns positiv, seine sorgenvollen Worte tun es negativ.

Woran kann es liegen, dass wir negativen Worten meist so viel mehr Glauben schenken als positiven?
Das hat damit zu tun, dass wir mehr negative Überzeugungen in unserem Unterbewusstsein abgespeichert haben als positive. Diese negativen Überzeugungen haben wir uns im Laufe des Lebens, vor allem in der Kindheit, antrainiert. Durch Worte, die an uns gerichtet wurden, oder auch durch Erfahrungen. Stimmt eine Aussage – zum Beispiel „Du machst immer nur Fehler“ – mit der eigenen inneren Überzeugung überein, glaubt man sie in der Regel unreflektiert.

Doch warum haben die meisten Menschen überhaupt mehr negative Überzeugungen als positive?
Das liegt unter anderem daran, dass das menschliche Gehirn „Negatives“ stärker wahrnimmt als Positives. Den Ursprung dafür finden wir in der Steinzeit. Damals war es einfach wichtiger, auf die Gefahr des Säbelzahntigers zu reagieren, als sich über den Anblick der schönen Butterblume zu freuen. Dann gibt es da noch unser Schulsystem, das den Fokus leider noch immer auf Fehler statt auf Stärken lenkt. Da heißt es dann: „Du hast drei Rechtschreibfehler gemacht“ statt „Du hast 270 Worte richtig geschrieben.“ Ebenso haben viele von uns eine altmodische Erziehung genossen, die von ständiger Zurechtweisung geprägt war. All diese wiederholten Erfahrungen drillen unser Gehirn darauf, zu Pessimisten und Selbstzweiflern zu werden. Es sei denn, man steuert bewusst dagegen.

Affirmationen sind sehr schöne Pflanzen. Je mehr wir davon in unser Unterbewusstsein pflanzen, desto positiver beeinflussen sie unser Leben.

Viele können an die Kraft der Worte bzw. Affirmationen nicht so recht glauben, weil es ihnen schlicht zu einfach geht. Warum wirken Worte dennoch so stark?
Wissenschaft ist das, was gilt, auch wenn man nicht daran glaubt. Und der Placebo-Effekt, der die Macht unseres Glaubens an Worte beweist, ist vielfach wissenschaftlich bewiesen.
Außerdem wissen wir auch, dass Gedanken nicht nichts sind, sondern elektromagnetische Schwingungen, die Energie haben. Sie beeinflussen nachweislich unsere Gefühle, unsere Worte, unser Verhalten, unsere Ausstrahlung sowie unsere Mimik und Gestik. Und dadurch wird wiederum logischerweise auch unser Umfeld beeinflusst. Jemand, der zum Beispiel die Überzeugung in sich trägt, ein Looser und nicht gut genug zu sein, wird sich bei einem Vorstellungsgespräch anders zeigen als jemand, der von sich denkt: „Ich bin in der Lage, alles zu lernen. Ich glaube an mich, schließlich habe ich bisher auch jede Herausforderung gemeistert.“ Und unser Hausverstand sagt uns, wen von den beiden wir eher einstellen würden, wenn wir einen guten Mitarbeiter suchen. Wobei ich dazu sagen möchte, dass es nicht ganz so einfach mit den Affirmationen ist. Man muss schon ein paar wichtige Regeln und Erkenntnisse aus dem Mentaltraining und der Gehirnforschung beachten und toxische Positivität vermeiden, um wirklich Erfolg damit zu haben.

Ihr Buch trägt den Titel „Wenn ein Satz dein Leben verändert“ – kann das ein einziger Satz tatsächlich? Gibt es einen Satz, der Ihnen persönlich besonders wichtig ist? Oder der vielleicht sogar Ihr Leben verändert hat?
Ich bin der Überzeugung, dass es ein Satz sein kann, der das Leben auf ziemlich positive Weise auf den Kopf stellen kann. Aber bei manchen sind es auch drei und bei anderen fünf. Allerdings müssen aus diesen Sätzen tiefe innere Überzeugungen gemacht werden. Wir müssen mittels Mentaltraining lernen, so sehr an ihren Wahrheitsgehalt zu glauben, wie wir daran glauben, dass morgen die Sonne wieder aufgeht. Bei mir persönlich waren es drei bis fünf Sätze, die mein Leben in verschiedenen Bereichen radikal positiv verändert haben. Ein Satz, den ich meinen Lesern immer gerne mitgebe, ist: Du bist ein GESCHENK für diese Welt!

Wie weiß ich, dass ein Satz das Potenzial hat, mein Leben zu verändern?
Um das zu testen, kann man sich fragen: Was wäre anders in meinem Leben, wenn ich den Satz „Ich bin mehr als gut genug und eine Bereicherung für jeden Menschen, der mit mir sein Leben teilt“ zutiefst glauben und leben würde? Oder: Was wäre anders in meinem Leben, wenn ich den Satz „Ab heute geschieht alles zu meinem Besten, ich freue mich auf die positive Wende in meinem Leben“ zutiefst glauben und auf seine Wahrheit vertrauen würde? Wenn die Antwort darauf lautet, dass man dann wahrscheinlich anders denken, anders handeln und sich anders fühlen würde, daran erkennt man, dass dieser Satz womöglich viel Kraft hat, wenn man lernt, ihn Schritt für Schritt zu glauben.

Jeder Mensch hat meist nicht nur ein „Problemgebiet“ in seinem Leben. Wie findet man jene Affirmation, die im Moment am wichtigsten für einen ist?
Viele Menschen machen den Fehler und sagen sich aus Übereifer gleich ein Dutzend Affirmationen vor. Das ist zu viel und eher kontraproduktiv! Besser ist es, nur mit ein bis drei Affirmationen gleichzeitig zu arbeiten. Gedanken sind ja Energie und wenn man die Energie streut und auf zu viele Themen gleichzeitig lenkt, dann ist sie leider nicht mehr ganz so stark. Die richtigen Affirmationen findet man am besten mit dem Bauchgefühl. Die Affirmation soll gut klingen und sich stimmig anfühlen. Das heißt – und ist auch gleich eine der wichtigsten Affirmationsregeln: Die Affirmation muss so sein, dass man gerade noch daran glauben kann. Wenn man also bettelarm ist, sollte man sich nicht sagen „Ich bin steinreich.“ Besser wäre dann: „Von Tag zu Tag geht es mir finanziell ein bisschen besser.“ An die Realisierung der zweiten Affirmation kann man vermutlich besser glauben. Und genau darum geht es schließlich. In meinem Buch hilft auch das Lebensrad-Tool aus dem Mentaltraining dabei, jenen Bereich auszuwählen, der gerade am wichtigsten ist. Oft spürt man das aber einfach selbst.

Poweraffirmationen „To Go“

  • Alles geschieht zu meinem Besten.
  • Wie ein Magnet ziehe ich liebevolle Menschen in mein Leben.
  • Ich öffne mich für eine positive Wende in meinem Leben.
  • Alles, was ich brauche, kommt zum richtigen Zeitpunkt zu mir.
  • Ich gehe wunderbaren Zeiten voller Fülle und Leichtigkeit entgegen.
  • Heute gelingt es mir besonders gut, mein Leben in vollen Zügen zu genießen.
  • Indem ich mich auf das Gute in meinem Leben fokussiere, vermehrt es sich.
  • Ich erlaube mir, meine Talente zu entdecken und zu leben.
Wenn ein Satz dein Leben verändert
Melanie Pignitter
GU Verlag
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