Herrschaftszeiten: So ist Johann-Philipp Spiegelfeld wirklich
Das wirkliche Leben des österreichischen Adels
SCHLOSS SCHENNA. Hoch über Meran thront das Schloss der Spiegelfelds, den Nachfahren Erzherzog Johanns. © Interspot Film/ORF
Der Adel. Noblesse, Eleganz, Prinzessinnenhochzeiten und der Blick hinter jahrhundertealte Schlossmauern auf verborgene Schätze haben nach wie vor Hochkonjunktur. Johann-Philipp Spiegelfeld zeigt mit dem ORF-Quotenhit „Herrschaftszeiten“ das wirkliche Leben des österreichischen Adels fernab von Krönchen, Sisi-Sternchen und Privilegien. Es geht vielmehr um die große Verantwortung, das geschichtsträchtige Erbe erhalten zu können – mit viel Mut, Arbeit und kreativen Ideen. Es geht um Haltung, Ideale und letztlich um die Adelung des Herzens.
Er ist Familienvater, studierter Historiker, AUA-Linienpilot und Malteser-Rettungssanitäter. Seit April 2024 führt er als neuer Kommandant den Malteser Hospitaldienst Austria, einer der größten ausschließlich ehrenamtlichen Hilfsorganisationen, in die Zukunft und ist Einsatzleiter der internationalen Malteser-Wallfahrt mit Behinderten nach Lourdes, an der über 5.000 Pilger aus aller Welt teilnehmen.
Wind im Haar und lockere Sprüche. Johann-Philipp Spiegelfeld ist aber seit 2021 auch der allseits beliebte professionell-unprofessionelle Moderator von drei Staffeln „Herrschaftszeiten“, mit der er jeweils bei über 700.000 Zusehern zu Gast auf den Bildschirmen des Landes ist. Eine Serie, in der er gemeinsam mit seinem kongenialen Regisseur Martin S. Pusch sowie mit einem siebenköpfigen Team den Schlossbesitzern von Niederösterreich bis Tirol ein neues, entstaubtes Gesicht verleiht.
Neben einem locker vermittelten Geschichtswissen, prächtigen Bildern aus den jeweiligen Schlössern und Burgen gibt er dabei charmante Anekdoten preis und zeigt die Familien in Lebenssituationen „wie du und ich“, in der Werkstatt, im Garten oder in der Küche.
Mit dem Unterschied, dass ihre Dachflächen mitunter die Größe eines Fußballfeldes haben, man sich hinter den dicken Mauern bis in den Mai in den Daunenmantel hüllt (Wie heizt man eine Burg?), die Fragen „Wie putzt man hunderte Fenster?“ und „Wer hat das Sagen – die Mäuse oder die Schlossleute?“ sich nicht klären lassen – und vor allem: Wie können wir den Erhalt finanzieren? Ein Schloss als jahrhundertealte Last auf den Schultern, Luxus oder Bürde?
Ich bin überhaupt nicht eitel, und wenn ich einen Blödsinn sage, dann ist es so.
Johann-Philipp Spiegelfeld
Schloss Rohrau
Beginnen wir von vorne: „Herrschaftszeiten“ wurde ein absoluter Quotenhit. Was war ausschlaggebend, dass ihr Alexander Hofer, den Direktor des ORF-Niederösterreich und damaligen ORF-Unterhaltungschef, von eurem Konzept überzeugen konntet?
Johann-Philipp Spiegelfeld: Gute Frage, ich weiß es eigentlich selber nicht! Ich glaube, der ORF ist mit mir ein großes Risiko eingegangen, denn ich habe das ja nie gelernt und keine Erfahrung vor der Kamera. Ich würde mich eher als Radiomoderator sehen, weil ich als Pilot die Ansage aus dem Cockpit mache, wobei mich niemand sieht. Dennoch war unsere Sendungschefin Ines Schwandner vom Konzept überzeugt und anscheinend auch von mir. Wir dürften also einiges richtig gemacht haben.
Aufgefallen ist mir, dass sich die Schlossherrinnen auch als ausgezeichnete Köchinnen gezeigt haben – und oft die Küche als heimeliger Ort präsentiert wurde …
Was man ganz klar sagen muss, egal ob Ehepartner oder Ehepartnerin, wenn man ein Schloss erbt oder die Verantwortung übertragen bekommt, das Schloss zu erhalten, muss man einen Partner oder eine Partnerin finden, die da mitmacht.
Es ist ja nicht selbstverständlich und eine große Leistung, dass sie bereit sind, mit der Familie ins Schloss zu ziehen und sich bemühen, so gut es geht, mitzuarbeiten, um den Besitz zu erhalten. Mit dem Essen, ja, das ist mir gar nicht so richtig aufgefallen – aber es ist wohl so wie immer: In der Küche am Esstisch erfährt man immer die spannendsten Geschichten.
Schloss Litschau
Im Amalthea Verlag ist im Mai das gleichnamige Buch zur Serie erschienen, in dem neben den 17 bis dato besuchten Schlössern auch Hoppalas beim Dreh erzählt werden. So sollten Sie auf der Riegersburg als Gag beim Abseilen einer Wand gefilmt werden …
Also, der Auftrag vom Verlag war, dass wir zu jedem Schloss eine Anekdote erzählen, Erlebnisse, die in der Serie nicht gezeigt wurden. Dabei sind die Kameraleute besonders wichtig, weil die Sendung vor allem von den tollen Bildern lebt.
Aber das auf der mächtigen Riegersburg war wirklich aufregend, weil unser Chef-Kameramann im Seillift steckengeblieben ist und ich über zwei Stunden in dieser Wand gehangen bin – und es war relativ heiß (lacht).
Auch ein gut gehütetes Geheimnis wurde gelüftet: Was befindet sich in der mittlerweile zum Kult gewordenen roten Tasche?
Oh ja, aber um das zu erfahren, müssen die Leute das Buch lesen…
Sie sind Historiker und entstammen einer alten Adelsfamilie, von der Sie sagen, kein wahrer Experte in deren Geschichte zu sein. Schauen Ihnen da nicht die Ahnen über die Schulter?
Ja, das ist sicher eine Schwachstelle von mir, ich müsste mich damit wirklich einmal mehr auseinandersetzen. Man muss sich vorstellen, beim letzten Familientreffen waren 300 Spiegelfelds, angeheiratete und dazugekommene, ich hab den Überblick verloren – über die Jetztzeit, geschweige denn über die Vergangenheit. Das ist mir zu kompliziert (lacht).
Schloss Greillenstein
Dabei haben Sie gesagt: „Der Gott, an den ich glaube, wirkt durch Menschen.“ Ist das Ihr Leitsatz dafür, dass Sie sich seit vielen Jahren als Rettungssanitäter des Malteser Hospitaldienstes in den Dienst der Menschen stellen?
Ich fühle mich sicher den christlichen Werten, der Nächstenliebe, verbunden. Deswegen engagiere ich mich ehrenamtlich bei den Maltesern. Es gibt auch viele andere, ganz wichtige Institutionen – unser Leben würde ohne Ehrenamt nicht funktionieren.
Die Funktion beim Malteser Hospitaldienst, Leuten, die in Not geraten sind, zu helfen, passt sehr gut zu mir. Und ehrlich gesagt, hoffe ich wirklich, dass sich, wenn es mir mal schlecht geht, auch jemand um mich kümmert (lacht).
Ein musikalisches Highlight geben Sie bei den Besuchen mit Paul McCartneys „Yesterday“ am Klavier zum Besten. Werden Sie das Fingerspiel um weitere Töne perfektionieren?
(lacht) Ein wichtiges Thema, denn ich behaupte ja immer, wahnsinnig musikalisch zu sein. Unser Regisseur findet es sehr lustig, dass ich „Yesterday“ immer falsch spiele.
Wir müssen die Szene ja öfter wiederholen, und Martin Pusch nimmt dann immer die Version, wo ich mich total verspielt habe (lacht). Meine Familie bittet mich schon, dass ich es endlich richtig spiele!
Schloss Hollenburg
Ich habe gehört, es soll eine neue Serie mit dem Titel „Herrgottszeiten“ geben? Habt Ihr dazu schon einen „Piloten“ im Kasten?
Ja, ja die lustige Geschichte mit dem Piloten! Ich hatte vor dem Dreh natürlich keine Ahnung, was man beim Film einen „Piloten“ nennt, und dachte, na, ich bin doch einer! Also wegen „Herrgottszeiten“ – ja, es gibt Gespräche mit dem ORF NÖ, im nächsten Jahr im Rahmen einer Sendung möglicherweise auch Klöster zu besuchen.
Denn, so wie die Schlösser, gehören natürlich auch die vielen Klöster zu Österreich. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Leute gerne einen Blick hinter die Klostermauern werfen, denn ich glaube, dass Klöster oft auch falsch verstanden werden. Außerdem: etwas Werbung können die auch gut vertragen.
Neben alledem sind Sie aber doch in erster Linie Familienvater. Schauen Ihre Söhne Vincent und Xaver dem Papa bei den Schlossbesuchen im TV zu?
Meine Burschen schauen sich natürlich auch die Sendungen an – aber ich glaube, sie finden es ein bisserl peinlich (lacht). Die wissen halt von zu Hause, wie ich bin …
Was möchten Sie Ihren Kindern mitgeben?
Meine Frau und ich arbeiten noch daran, dass das etwas wird! Jedenfalls wollen wir ihnen Werte fürs Leben mitgeben. Ich kann nur jedem Elternteil zu der großen Leistung gratulieren, wenn die Kinder anständig werden, einen Beruf haben, wo sie sich selber erhalten können – und glücklich werden. Schloss, aus, Ende. Amen.
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