
© Mato Johannik
Was hat die glanzvolle Ära der Swing- und Chansonmusik der 1920er & 30er Jahre mit heute zu tun? Sie erzählt – teils melancholisch, teils frivol – von der Sehnsucht nach Liebe, Geborgenheit und einer besseren Zukunft. Texte und Melodien, die den Menschen in schwierigen Zeiten Trost und Hoffnung spenden. Genreübergreifend haucht die facettenreiche Sängerin Ethel Merhaut dieser Zeit neues Leben ein und legt dabei den Fokus auf Frauen, deren Schicksale und feministische Kämpfe. Here and there, damals und heute…
Ethel Merhaut lässt sich in keine Schublade stecken
Sie studierte klassischen Sologesang, gastierte unter anderem im Wiener Musikverein, im österreichischen Parlament, am Wiener Burgtheater, gab Konzerte in London, Tel Aviv, Mexiko City oder auch in der New Yorker Carnegie Hall, um nur einige davon zu nennen. Ihr erstes Album „Out of Sight“ widmete sie vergessenen Wienerliedern und jiddischen Tangos. 2021 erschien ihr Solo-Debütalbum “Süss&Bitter – Lieder der 30er Jahre”. Nun präsentierte sie im Rahmen eines exklusiven Release-Konzerts “Here&There – Echos der Sehnsucht”, und lässt darin – mit Elementen von Jazz, Operette, Varieté und Kabarett –Lieder aufleben, die trotz ihres fast 100 Jahre alten Bestehens nichts an Intensität verloren haben. Ein beschwingtes Album und ein Appell an die Lebensfreude und Zuversicht in einer Zeit vor der Machtergreifung der Nazis …
Ethel, woher kommt Ihre Liebe zur Musik der „Goldenen 20er und 30er“?
Die Symbiose aus gehaltvoller Musik und klugen Texten, seien sie frivol und lustig oder berührend und dramatisch, ermöglicht es mir, viele Farben zu zeigen und in unterschiedliche Rollen zu schlüpfen. Das liebe ich so daran.
Ihr Album „Here&There“ präsentiert einen Mix aus Chansons, Tangos, Swing und Operettenmelodien. Nach welchen Kriterien haben Sie diese fünfzehn Songs ausgesucht?
Ich versuche die große Vielfalt der Zeit aufzugreifen. Damals hat man nicht so stark zwischen ernster und Unterhaltungsmusik unterschieden. Aber natürlich muss die Musik einfach gut sein und der Text so, dass ich ihn im Hier und Jetzt singen kann.
Moderne Neuinterpretationen
Wie schwierig ist es, legendäre Kompositionen von Friedrich Hollaender, Paul Abraham, Oscar Strauß, Robert Stolz, Kurt Weill oder Ralph Benatzky modern zu interpretieren?
Bei den bekannten Klassikern versuche ich mich immer auf den Text zu stützen und die eingebrannten, bekannten Versionen aus meinem Kopf zu löschen. Es ist immer ein Prozess bis ein Lied sein ganz eigenes, persönliches Lied wird, aber das ist nun mal die Arbeit daran und es macht große Freude.
Ob mit Big Bands, sinfonischen Arrangements oder Salonorchester – wie sehr kommt Ihnen Ihre klassische Ausbildung als Sopranistin zugute?
Die ist tatsächlich hilfreich. In der klassischen Ausbildung erlernt man Disziplin und vor allem den Umgang mit seinem eigenen Musikinstrument, das man ja immer mit sich trägt. Außerdem macht es Spaß, das Publikum ab und zu mit einem hohen Ton zu überraschen.
Ethel Merhaut & Die Goldene Ära
In Ihrem Programm blicken Sie besonders auf die Rolle von Frauen in der Musik und Literatur der Goldenen Ära. So erinnert es an Lyrikerinnen wie Else Lasker-Schüler, Mascha Kaleko und Komponistinnen wie Hilde Loewe-Flatter. Worin liegt der aktuelle Bezug?
Diese Frauen waren Pionierinnen und Vorreiterinnen der Emanzipation. Außerdem waren sie wunderbare Künstlerinnen. Es ist eklatant, wie sehr Frauen aus der Geschichtsschreibung verbannt werden und dagegen muss man immer wieder ankämpfen.
Mit Lale Andersens Lied „Lili Marleen“ tourte Marlene Dietrich durch Frankreich, um die Moral der US-Truppen zu stärken. Wie viel politische Botschaft darf Musik beinhalten?
Wenn sie dafür geschrieben ist, dann spricht die Musik sowieso für sich. Ich versuche meinem Publikum immer durch die biografischen Hintergründe den politischen Kontext näherzubringen – nicht durch die Musik. Die soll berühren, verzaubern, etwas in Bewegung setzen.
Ohrwürmer, wie „Bei mir bist du sheyn“, „Eine Nacht in Monte Carlo“ oder „Die ganze Welt ist himmelblau“ lassen das reifere Publikum in Nostalgie schwelgen. Wie reagiert das junge Publikum darauf?
Mein jüngster Fan ist der vierjährige Leon, der diese Musik liebt. Daher kann ich schon sagen, dass auch jüngere Leute meine Musik lieben. Das ist mir auch sehr wichtig!
Sie singen auch Zarah Leanders „Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehen“. Auf welches Wunder hoffen Sie?
Dass die Menschen zur Besinnung kommen – in vielerlei Hinsicht …
Visuelle Dimension
Begleitend zum Album wurde unter der Regie von Beate Thalberg der Musik-Kurzfilm „Zeig der Welt nicht dein Herz“ über das berührende Schicksal des Schlagertexters Bruno Balz, der von den Nazis aufgrund seiner Homosexualität verfolgt wurde, filmisch neu inszeniert. Neben Ethel Merhaut als Bar-Sängerin spielen namhafte Schauspieler, wie Katharina Strasser, Theresa Vogl, Claudia Kottal, Anna Kramer und Tänzerinnen, wie Rebecca Horner und Lilli Winderlich. Eine Hommage an Offenheit, Gleichberechtigung und Toleranz!
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