© Jürg Christandl
Die Gründerin und Geschäftsführerin der wirtschaftsnahen Klima-NGO oecolution austria plädiert in ihrem brandneuen Buch „Im Namen des Klimas“ für mehr Vernunft und Lösungsorientierung in Zukunfts- und Klimafragen.
Klimaaktivisten und Klimaskeptiker liefern sich aktuell eine sehr aufgeheizte Debatte. Bringt uns das weiter?
Leider nein. Die Polarisierung an beiden Rändern führt nicht zur Versachlichung der Diskussion, sondern bewirkt genau das Gegenteil. Fakten werden polarisierend instrumentalisiert, was eine rationale und konstruktive Auseinandersetzung mit dem Klimawandel behindert.
Viele Menschen ängstigen sich vor den teils apokalyptischen Warnungen, die mit dem Klimawandel einhergehen. Mit welchen Argumenten könnte man sie beruhigen?
Angst ist immer ein schlechter Ratgeber. Ich verurteile es, wenn Fakten aus dem Kontext gerissen werden, um einen angeblichen Weltuntergang zu belegen. Auch Wissenschaftler aus dem Weltklimarat sagen: Die Welt wird nicht untergehen, sich aber verändern. Dieser Transformation müssen wir aktiv begegnen.
Sie bezeichnen sich selbst als „technikaffine Öko-Optimistin“. Was meinen Sie damit?
Ich stecke nicht den Kopf in den Sand und resigniere. Probleme sind da, um sie zu lösen. Wir müssen in die Zukunft blicken und vorhandene Technologien gegen die menschengemachte Erderwärmung einsetzen – eine Ansicht, die auch das IPCC in seinem Bericht teilt, indem es zur zügigen Anwendung bekannter Technologien aufruft.
Stichwort Green Tech-Weltmeister: Österreich hat zwar die zweit ambitioniertesten Klimaziele in der EU, aber gleichzeitig sind sie auch unerreichbar. Was macht das für einen Sinn?
Ich kenne keinen Abnehmratgeber, der vorschlägt, sich nicht erreichbare Ziele zu setzen. Es wirkt demotivierend, wenn die Kilos nicht entsprechend purzeln. Viele EU-Mitgliedsstaaten werden die 2030-Ziele verfehlen. Daher erscheinen die noch höheren EU-Zielsetzungen für 2040 unrealistisch. Wichtig ist ein Gleichgewicht zwischen ambitionierten Zielen und realisierbaren Lösungen, um Fortschritte zu erzielen, ohne Wohlstand oder realistische Erwartungen zu gefährden.
Die Tatsache, dass Österreichs Anteil am weltweiten CO2-Fußabdruck bei nur 0,22 Prozent liegt, ist für manche ein Argument, sich nicht weiter in der Frage erneuerbarer Energien zu engagieren …
Für das Weltklima ist es nahezu bedeutungslos, was Österreich oder Europa an CO2-Emissionen verringert. Trotzdem müssen wir etwas tun. Die EU muss als internationaler Vorreiter demonstrieren, dass bedeutende CO2-Einsparungen ohne wirtschaftlichen und wohlstandsbedingten Zusammenbruch möglich sind.
Was gibt uns Hoffnung?
Dass erneuerbare Energien 2025 weltweit bereits die wichtigste Stromquelle sein werden, wenn die IEA recht behält.