„Kunst macht Dinge sichtbar.“

Musikerin, Autorin und Künstlerin CHRISTL MTH im Talk.

3 Min.

© Marlene Brandstötter

CHRISTL MTH – geschrieben wie das Christkind, ausgesprochen wie die Droge. Sie ist Musikerin, Autorin und Künstlerin. In ihrem Fokus stehen Geschichten, Emotionen und Ungerechtigkeit. Und damit schafft sie Räume, in denen Wut und Liebe, Zerbrechlichkeit und Stärke gleichermaßen berechtigt sind.

Farben, Formen und Wörter schaffen ihr die Möglichkeit, sich selbst und andere zu demaskieren und kompromisslos die Kunst zu schaffen, mit der sie ihre Umwelt zu analysieren, kritisieren und manchmal auch romantisieren vermag.

Sie werden als transmediale Künstlerin beschrieben. Wie würden Sie Ihre künstlerische Vielseitigkeit beschreiben?
CHRISTL MTH: Ich möchte mit den Medien, die mir zur Verfügung stehen, kreativ umgehen und mich nicht auf eine Form der Kunst festlegen. Kunst ist für mich Freiheit, und darum geht’s mir auch in meiner Arbeit.

Welche Emotionen versuchen Sie mit Ihrer Musik zu vermitteln?
In meiner Musik und in meinem Buch geht es ganz stark darum, Wut etablieren zu können, aber auch Zerbrechlichkeit, und diese Ambivalenzen zu zeigen. Diese beiden Emotionen gegenüber zu stellen finde ich interessant. Denn beides bedingt einander.

Catcalls of Vienna

In Ihrer Single „Object of Desire“ setzen Sie sich mit sexueller Belästigung auseinander, Sie führten auch eine aktivistische Kunstaktion durch …
In meiner feministischen Auseinandersetzung geht es darum, dass es ganz viele Themen gibt, die man nicht bespricht. Ich habe schon sehr oft sexuelle Belästigung und ähnliche Dinge erlebt, die irgendwie unsichtbar sind, aber die sichtbar sein sollten. Ich habe damals eine Kooperation mit „Catcalls of Vien­na“ gemacht, eine Organisation aus Wien, die sich gegen sexuelle Belästigung einsetzt. Man kann sich auf Instagram an die Organisation wenden und seine Erfahrungen schildern. „Catcalls of Vienna“ geht dann an die Orte, an denen sexuelle Belästigungen passieren, und schreiben das dann mit Kreide auf die Straße. So viele Frauen trauen sich nicht, nachts alleine heim zu gehen oder nachts Öffis zu fahren, und nehmen sich deswegen oft lieber ein Taxi – und selbst da erleben sie übergriffige Taxifahrer.

Ihr erstes Buch „Ich glaube, ich hasse mich“ erschien im September. Worum geht’s?
Um verschiedene Perspektiven, die ich über meine erlebte Gewalt eingenommen habe. Es geht um den Wunsch, diese Dinge irgendwann loslassen zu können und wieder zu einer Leichtigkeit zu kommen. Es ist ein Lyrikband, den ich selbst illustriert habe. Das Buch ist in dem Schreibprozess von meinem Album entstanden. Ich wollte meine Gedanken irgendwie strukturieren und habe dann einfach angefangen zu schreiben, und zwar überraschenderweise auf Deutsch. Meine Songs schreibe ich auf Englisch.

Neues Kapitel

Ihr erster Albumrelease ist für Anfang 2024 geplant …
Es wird ganz klar ein neues Kapitel. Wenn man sich mit sich selbst wirklich auseinandersetzt, gibt das irgendwie vor, dass sich die Musik auch ständig ändert. Das Buch hat das Album inspiriert und umgekehrt. Malereien haben Texte und Songs inspiriert. Das ist für mich ein Kreislauf, der irgendwie nie endet. Ich bin eine sehr sensible Person und nehme Gefühle von anderen und meine eigenen sehr stark und sehr bewusst war. Das ist, glaube ich, die Hauptinspiration.

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