
© Vadim Belokovsky
Sie ist Regisseurin von hochgelobten Inszenierungen, wie die mit dem Nestroy-Theaterpreis ausgezeichnete Ganymed-Serie im Kunsthistorischen Museum Wien, die Welturaufführung von Haruki Murakamis „Die unheimliche Bibliothek“ sowie „Das große Heft“ im Odeon, oder die Uraufführung von „Blitz und Donner“ für das Johann Strauss Festival. Nun legt Jacqueline Kornmüller einen Roman vor – der berührt, wie begeistert.
Jacqueline Kornmüller im Interview über ihren neuen Roman „6 aus 49“
Es ist eine Geschichte, die unter die Haut geht, die Sprache Poesie, ein Zeitdokument, das wachrüttelt, eine Hommage an die starken, unbeugsamen Frauen im kriegsgebeutelten 20. Jahrhundert. Es ist die Geschichte ihrer Großmutter Lina, die in bitterer Armut aufwächst, bis sie durch Zufall und harte Arbeit zu einem eigenen Hotel kommt. Wenn die passionierte Gastgeberin dann auf der Veranda ihrer legendären „Amalie“ sitzt, füllt sie Lottoscheine aus – mit einem unerschütterlichen Glauben an das Glück …
Jacqueline, deine Inszenierungen werden geliebt und gefeiert. Was hat dich zum Schreiben bewogen?
Die Theaterarbeit ist auch Arbeit am Text, aber tatsächlich gab es für mich eine Initialzündung: Ich wollte vor zwei Jahren mein schönes, gemütliches Haus in der Oststeiermark verkaufen. Als der erste Interessent, ein Beamter aus dem Innenministerium, kam, setzte ich mich noch während der Besichtigung an den Schreibtisch und fing an, die Geschichte des Hausverkaufs aufzuschreiben. „Das Haus verlassen“ ist also meine erste Novelle, mein erstes Buch geworden, Kat Menschik hat es wunderschön illustriert und der Galiani Verlag hat es herausgebracht.
Die Erzählung über das Leben deiner Großmutter gibt viel Persönliches preis. Worauf gründet deine detailreiche Recherche?
Es war eine Erinnerungsrecherche. Je mehr ich mich beim Schreiben an meine Großmutter erinnert habe, desto mehr neue Erinnerungen öffneten sich. Das war ein faszinierender Prozess. Anfangs konnte ich mich nur schemenhaft erinnern, aber je mehr ich schrieb, desto tiefer konnte ich in die Vergangenheit eindringen. Inzwischen sind die Bilder meiner Kindheit wieder sehr lebendig, was ich sehr genieße.
Im Buch benennst du deine eigene Mutter immer als „Linas Tochter“, warum?
Ich wollte mich auf meine Großmutter bzw. auf die Generation unserer Großmütter, also der Frauen, die tatsächlich fast das ganze 20. Jahrhundert erlebt haben, konzentrieren. Es ging mir darum, die Erinnerung an sie wieder wach werden zu lassen, deshalb habe ich Lina und Maria, ihre Schwester, ins Zentrum der Geschichte gestellt. Die Kinder dieser beiden Frauen heißen im Roman deshalb Linas Tochter, Marias Tochter und Marias Sohn. Das ist die Generation derer, die als Kinder den Zweiter Weltkrieg erlebt haben und von dessen Auswirkungen geprägt wurden. Über diese Generation habe ich bereits 2006 am Hamburger Schauspielhaus ein Projekt unter dem Titel „Rosi, das hast du gut gemacht“ herausgebracht.
Was hätte Lina wohl zu diesem Roman gesagt?
Glück fliegt zu, wer weiß warum, hätte sie gesagt.
Lina spielte „6 aus 49“. Spielst du auch Lotto?
Früher nie, inzwischen tatsächlich! Allerdings in Österreich, weil hier die Gewinnchancen höher sind. In Deutschland heißt das Spiel wie mein Buchtitel 6 aus 49, in Österreich wird 6 aus 45 gespielt, diese fehlenden vier Zahlen erhöhen natürlich die Chancen auf den Lotto 6er.
Buchtipp: „6 aus 49“ von Jacqueline Kornmüller
Bayern in den 1920er Jahren. Bei ihrer ersten Anstellung darf Lina in der Küche nur die Kupferkessel waschen. Doch bald wendet sich das Blatt: Durch eine Hintertür betritt sie die Bühne des „Clausings“, Lieblingshotel der Ufa im Luftkurort Garmisch. Das Kommen und Gehen der Gäste, das Empfangen, das Wünsche erfüllen – all das versteht Lina als Chance, ihrer Realität zu entkommen. Bald verhilft ihr ein Zufall zu einem eigenen Hotel, und im Lotto zu einem 6er …

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