Autorinnentalk mit Katharina Wallner

Die Hebamme berichtet uns über ihre Erfahrungen

3 Min.

© Silke Ebster

Seit über 20 Jahren ist die Hebamme aus Kaltenleutgeben noch immer von jenem einzigartigen Augenblick berührt, wenn ein Baby zur Welt kommt. Ihr neuestes Buch „Mini Mum“ ist ein Plädoyer, mehr auf das eigene Bauchgefühl zu hören, übersetzt den oft nüchternen Fachjargon sowie die „Sprache der Babys“.

Sie waren vor Ihrer Hebammentätigkeit Elementarpädagogin und studieren nun weiterbildend Hebammenwissenschaften mit den Schwerpunkten Salutogenese, Stress- und Potenzialforschung, Beratung und Kommunikation. Was motivierte Sie dazu?
Katharina Wallner: Ich lerne sehr gerne Neues und empfinde es als Privileg, thematisch in die Tiefe gehen und mich persönlich weiterentwickeln zu dürfen.

Dieses Studium erweitert meinen Horizont unter anderem um die faszinierenden hormonellen Prozesse in dieser wichtigen Lebensphase und unterstützt zudem den ganzheitlichen Blick auf meine Arbeit, der mir schon immer wichtig war.

Denn eine Schwangerschaft, die Geburt und das Leben als Familie ohne die Wirkkraft des eigenen körperlichen und mentalen Potenzials, der Ressourcen des gesamten Umfelds oder den großen Erfahrungsschatz aller Beteiligten zu betrachten, erscheint mir zu klein gedacht. 

In „Mini Mum“ sprechen Sie auch Themen an, wie Perfektionismus, Selbstliebe und Gelassenheit. Bringen sich Mütter selbst zu sehr unter Druck?
Ja, aber das ist nur ein Teil der Wahrheit und liegt an der Verantwortung, die man als Mutter verspürt. Naturgemäß steigt dadurch das Bedürfnis, alles möglichst richtig zu machen.

So kann eine Schwangerschaft der Auftakt sein, bewusster und achtsamer zu leben. Wunderbar. Viele laufen in dieser Zeit allerdings physisch wie psychisch auf Hochtouren, weil sie den Anspruch haben, dabei alles zu 100 – wenn nicht sogar zu 120 – Prozent perfekt machen zu müssen.

Das liegt mitunter daran, dass wir von den Idealbildern in den sozialen Medien beeinflusst werden und uns mit filterüberzogenen und damit unerreichbaren Körper- und Lebensidealen vergleichen. Manchmal verzerren wir ja selbst die Wirklichkeit bis zu dem Punkt, an dem das eigene Leben unrealistisch erscheint und sind dann enttäuscht, wenn der Schein nicht mehr zum Sein passt.

Unsere Gesellschaft hat ebenfalls ihren Anteil daran, dass Frauen unter Druck geraten. Ich würde mir daher wünschen, dass Mutterschaft und Care Arbeit endlich die verdiente Wertschätzung, mehr noch Bewunderung, erfahren und als herausragende Leistung angesehen und honoriert werden. 

Was ist für Sie persönlich das Wichtigste, das Sie als Geburtshelferin den Frauen mitgeben wollen? 
Zu wissen, was und wer einem guttut, schöne Dinge in den Alltag zu integrieren und sich mit liebevollen, wohlwollenden Menschen zu umgeben. Gerade in der Schwangerschaft oder wenn man das Familienleben unter einen Hut mit eigenen Wünschen und Bedürfnissen bringen muss, wäre es zudem wichtig, sich selbst so zu behandeln, wie es die beste Freundin tut.

Wenn also die eigenen Erwartungen stressen, die Müdigkeit riesengroß ist und die Zurufe des Umfelds nerven, klopft man sich am besten selbst auf die Schulter und sagt zu sich: „Du leistest gerade wahrhaft Großes. Du lässt neues Leben in dir heranwachsen, wirst es auf die Welt bringen und liebevoll auf seinem Lebensweg begleiten. Das ist echt stark! Du bist wow und wunderbar!“

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