Theresa Mai über die Zukunft des Wohnens
Ihr Unternehmen "Wohnwagon" kreiert nachhaltige und flexible Modulhäuser in schönem Design – vom Tiny House bis zu großen Massivholzhäusern.
© Sebastian Wehrle
Bereits als Kind wollte Theresa Mai gestalten. Dass dann vor zehn Jahren aus einem Projekt „Zirkuswagen 2.0“ eine Erfolgsgeschichte wurde, liegt an den konkreten Lösungen für die Zukunft des Wohnens, die ihr Unternehmen „Wohnwagon“ mit Sitz in Gutenstein anbietet: Nachhaltige und flexible Modulhäuser in schönem Design – vom Tiny House bis zu 500 m2 großen Massivholzhäusern.
Ein Haus für alle Fälle
„Wenn wir auf die Nase fallen, erzählen wir einfach, dass es ein riesiges Kunstprojekt war“, sagte Theresa Mai im Jahr 2013, als sie gemeinsam mit Christian Frantal, einem Kunden ihrer damaligen Agentur feinripp, das Unternehmen Wohnwagon gründete. 22 Jahre alt war sie, studierte noch, teilte sich mit ihrem Freund eine kleine Wohnung, jobbte in Früh- und Nachtschichten am Flughafen Wien, um die geringen Einnahmen aufzubessern. Der Rest ist Geschichte. Der damals realisierte Wohnwagon-Prototyp „Oskar“ ebnete den Weg für ein neues Konzept in der Baubranche: flexible, hochwertige Wohnlösungen auf gut durchdachtem Raum. Über 200 Bauprojekte wurden seither realisiert. Die modularen Gebäude werden in der eigenen Werkstatt in Gutenstein gefertigt, was kurze Lieferzeiten garantiert, und auch die Baustelle vor Ort dauert nur wenige Tage, bis das fertige Haus bezogen werden kann. Gebaut wird konsequent mit Naturmaterialien, denn die Häuser bestehen aus Vollholz, werden mit Lehm verputzt und mit Schafwolle gedämmt. Die DNA von Wohnwagon? Autarkie und der achtsame Umgang mit jedem verbauten Quadratmeter.
Theresa, Sie plädieren in Ihren Wohnkonzepten für eine Reduktion auf das Wesentliche. Geht das ohne Komfortverlust?
Definitiv! Ich würde sogar sagen, dass in der Reduktion der eigentliche Luxus unserer Zeit liegt. Wir belasten uns aktuell mit einem „zu viel“: Wir wohnen auf dreimal so viel Fläche wie noch vor wenigen Jahrzehnten und besitzen über 10.000 Dinge, die wir aber kaum noch nutzen können und zu denen wir wenig Bezug haben. Die Frage „Was brauchst du eigentlich für ein gutes Leben?“ führt uns zurück zum Ursprung, schenkt uns die Leichtigkeit, Dinge wegzulassen, die unser Leben nicht wirklich bereichern. Für dein Zuhause heißt das: Wo sind deine Lieblingsplätze? Wo hältst du dich auf und verbringst deine Zeit, tankst Kraft, was ist lebendig? Wie viel Fläche steht leer, füllt sich mit Dingen, muss aber dennoch bezahlt, geheizt, repariert werden? Bei Wohnwagon haben wir uns darauf spezialisiert, jeden Quadratmeter bewusst zu gestalten. So finden wir oft Lösungen, die mit 30 % weniger Fläche auskommen und sich dennoch nicht kleiner anfühlen. Gerade in Zeiten, in denen der Traum vom Einfamilienhaus finanziell unerreichbar scheint, schaffen wir so Wohnlösungen, die leistbar sind, vor allem weil wir dank unserer Autarkie-Systeme auch geringe Fixkosten garantieren können.
Wohnbedürfnisse ändern sich im Laufe eines Lebens. Welche Lösungen bietet Wohnwagon dafür an?
Unsere Gebäude bestehen meist aus zwei bis drei Modulen, die miteinander kombiniert werden. Ein fundamental anderes Bauprinzip, das einen ganz neuen Blickwinkel darauf wirft, wenn sich etwas im Leben ändert. Hier haben wir sehr schöne Projekte, bei denen die Elterngeneration das große Haus an die jungen weitergibt und sich einen hochwertigen, reduzierten Wohnraum im Garten mit Modulen schafft, die später auch wieder verkauft oder an einem anderen Ort genutzt werden können. Andere Kunden stellen sich auf leerstehende, gepachtete Baugrundstücke oder zu Freunden. Die Modulbauweise macht das Immobilien-Investment plötzlich unabhängig vom Grundstück und damit viel flexibler!
Und wenn Sie größere Gebäude konzipieren?
Auch da denken wir die unterschiedliche Nutzung über die Lebensphasen mit: In Bayern steht ein 120m2 großes Modulhaus, das als Mehrfamilienhaus konzipiert ist. Man nutzt als Familie die volle Fläche, solange das notwendig ist, der obere Stock kann aber auch komplett als Einliegerwohnung vermietet werden und bessert vielleicht später die Pensionskassa auf. Im Erdgeschoss ist ein Raum separat zugänglich und kann zu einer kleinen Wohnung umfunktioniert werden. Hier könnte später ein Massagestudio, ein Büro oder eine Studentenwohnung sein – oder ein pflegebedürftiger Elternteil zieht ein!
Vor wenigen Tagen sind Sie Mutter einer Tochter geworden, wozu wir aus ganzem Herzen gratulieren! Wie wird die junge Familie in Zukunft wohnen?
Dankeschön! Wir wohnen aktuell zu dritt auf 45 m2 und haben vor kurzem unser modulares Vollholzhaus „Clara“ mit 50 m2 fertiggestellt, in das wir im Frühjahr einziehen wollen. Falls uns das mal zu klein wird, kann man das Gebäude mit einem zusätzlichen Modul um zwei Zimmer erweitern. Mein Mann und ich legen viel Wert auf hochwertige und gesunde Baumaterialien. Dank der geringeren Fläche bleiben wir aber gleichzeitig voll in unserem Budget. Wir brauchen privat besonders wenig Rückzugsraum, da wir durch das Projekt Dorfschmiede in Gutenstein viele Flächen, wie Garten, Werkstatt, Sauna, eine große Küche und vieles mehr gemeinsam nutzen. In unserem Genossenschaftsprojekt gestalten wir eine lebendige Nachbarschaft und teilen viele Ressourcen. Ein Potenzial, das auch viele Kunden erkannt haben. Sie stellen sich mit den Modulen zu Familie, Freunden oder Bekannten auf ein Baugrundstück dazu, das nicht voll ausgenutzt ist und verwenden z.B. die Waschküche oder Stauräume gemeinsam. So spart man Kosten und kann sich gegenseitig im Alltag unterstützen. Aber auch wer diese Form der Gemeinschaft nicht hat, kann durch intelligente Planung viel Platz und damit Geld einsparen.
About
Theresa Mai zog 2018 mit ihrem Unternehmen nach Gutenstein und gründete dort die gemeinnützige Genossenschaft „Dorfschmiede“, mit der sie ein altes Gasthaus wiederbelebte und Projekte zur Regionalentwicklung umsetzt. 2021 veröffentlichte sie im Löwenzahn Verlag ihr erstes Buch „Wie wir leben könnten“. Sie erhielt bereits mehrere Auszeichnungen, war „Unternehmerin des Jahres 2017“ und ist als Geschäftsführerin für über 40 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Gutenstein verantwortlich.
Infos auf www.wohnwagon.at
_____________