Nikolas Sedlak im „Größenwahn“

Die fehlenden zehn Zentimeter

6 Min.

© Felicitas Matern

Er ist weder groß noch artig – aber immer großartig: der niederösterreichische Kabarettist, Bauchredner und Zauberer Nikolas Sedlak, bekannt als Tricky Niki. In seinem neuesten Soloprogramm „GRÖSSENWAHN“ macht er sich auf die Suche nach den bescheidenen zehn Zentimetern, die ihm offenbar fehlen. Oder doch nicht?

Niki, Sie waren nach einem abgebrochenen Medizinstudium lange Jahre beim ORF als Journalist tätig, bis Sie vor über 20 Jahren beschlossen, als Kabarettist Ihr Publikum mit immer neuen, umwerfenden Shows zu verzaubern. Ziemlich tricky, oder?
Niki Sedlak: Tricky insofern, weil ich ja zuerst nur gezaubert habe. Erst zehn Jahre später kam dann das Bauchreden dazu. Dadurch war ich plötzlich gezwungen, lustige Dialoge und Texte zu schreiben. Und so kam ich schlussendlich zur Comedy. Und da war sie dann geboren, eine weltweit einzigartige Kombination aus preisgekrönter Zauberkunst, Bauchreden auf höchstem Niveau und jeder Menge Comedy. Diese interaktive Show-Variante ist extrem kurzweilig und macht jeden Abend nicht nur für mich, sondern vor allem auch für das Publikum ganz speziell.

Sie sind vierfacher Zauberstaatsmeister, zweifacher Grand-Prix-Sieger und belegten bei den Zauber-Weltmeisterschaften 2006 in Stockholm den 4. Platz. Was bedeuten Ihnen diese Auszeichnungen?
Abgesehen davon, dass ich mir selbst beweisen wollte, dass ich einer der Weltbesten sein kann, hat es mir vor allem in meinen Anfängen extrem viel bedeutet. Ich bin, wie fast überall im Leben, auch in der Zauberkunst ein Spätzünder gewesen und auch schon immer ein wenig anders. Ich war moderner und frecher. Obwohl ich einen hohen Anspruch und Ehrgeiz bei Zaubertechniken habe, lag und liegt meine Priorität immer auf der Unterhaltung.

Meine Präsentationen sind authentisch und zielen darauf ab, dass die Menschen lachen und staunen gleichzeitig. Das kam anfangs gerade in der damals verstaubten Zauberszene gar nicht so gut an. Durch meine Erfolge bei Wettbewerben habe ich nicht nur mir, sondern auch vielen heimischen Zauberkollegen bewiesen, dass sich auch die Zauberkunst weiterentwickelt hat. Die Erfolge waren, als damals noch unbekannter Künstler, natürlich auch eine schöne Referenz und haben mir sehr viel Selbstvertrauen gegeben. Firmen, Medien und Theaterbesucher wurden aufmerksam.

Ist dieser anspruchsvolle Show-Mix in einem Soloprogramm nicht sehr kräfteraubend?
Auf der Bühne als Solo-Künstler zu stehen kostet selbstverständlich Energie. Michael Niavarani hat den Bühnenkünstler einmal mit einem Spitzensportler verglichen. Diesen Vergleich unterschreibe ich sofort. Auf der anderen Seite ist die Zeit auf der Bühne auch die Zeit, die dir die Energie gibt, all die Mühen und Strapazen, die mit einer Show einhergehen, zu bewältigen. Das positive Feedback, der tosende Applaus und die vielen lachenden Gesichter im Publikum laden den inneren Akku mit ganz viel wunderbarer Energie auf. Dafür bin ich mehr als dankbar, und es erfüllt mich mit Demut.

© Felicitas Matern

Das Bauchreden haben Sie sich autodidaktisch angeeignet. Hand aufs Herz, flechten Sie diese Kunst auch manchmal in den privaten Alltag ein?
(lacht) Ja, das kann schon passieren! Zum Beispiel im Supermarkt, im Aufzug oder beim Buffet. Wenn die Menschen um dich herum nicht wissen, dass du bauchreden kannst, dann macht es extrem viel Spaß, wenn diverse Stimmen plötzlich aus dem Nichts ertönen. Die verwirrten und erstaunten Gesichter sind dann Gold wert.

In Ihren Shows binden Sie auch das Publikum mit ein. Gab’s da schon einmal ein außergewöhnliches Hoppala?
In den letzten 25 Jahren sind natürlich schon viele lustige Dinge sehr unerwartet passiert. Da jeder Zuschauer auf der Bühne individuell agiert, ist jede Show auf ihre Art und Weise einzigartig. Sollte es wirklich mal ein Hoppala geben, dann ist es eigentlich immer ein großer Spaß für alle.

Wirklich immer?
Nun ja, nicht immer. Vor vielen Jahren habe ich mir auf der Bühne, während ich als Bauchredner auf einer Firmen-Gala für zwei Zuschauer gesprochen und gleichzeitig ein Zauberkunststück vorgeführt habe, bis zum Knochen mit einem Messer in den Finger geschnitten. Während der halbe Finger weggehangen und das Blut wie verrückt auf den Bühnenboden getropft ist, hat das Publikum lautstark applaudiert, weil sie dachten, dass es zur Show gehörte. Glücklicherweise war das Nebengebäude ein Unfallkrankenhaus. Ich wurde 45 Minuten operiert, bin direkt wieder auf die Bühne und habe eine Bauchrednernummer gespielt. Zaubern ging ja nicht mehr.

Neben anderen Handpuppen ist Emil, der frivole Drache, ein ständiger Bühnenpartner. Was darf Emil, was Sie nicht dürfen?
Gute Frage. Wahrscheinlich fast alles. Aber das ist ja das Schöne an solchen Charakteren. Andere Künstler schlüpfen in eine Rolle oder eine Kunstfigur, um Dinge zu sagen oder zu tun, die sie sonst nicht wagen würden. Ich nutze dafür meine Bauchrednerpuppen. Die dürfen dann noch frecher und manchmal auch schlüpfriger sein als ich.

Wir sind ein großartiges Team, wir schenken uns gegenseitig täglich mehr als ein Lächeln.

Niki Sedlak über seine Patchworkfamilie

Zu Ihrer aktuellen Show: Was hat es mit den „fehlenden Zentimetern“ auf sich?
Auf der Suche nach den fehlenden zehn Zentimetern in der neuen Show geht es um meinen ausgebliebenen Wachstumsschub. Ich war immer für alles zu klein und wurde in meiner Kindheit und Jugend extrem gehänselt. Heute würde man wahrscheinlich „mobben“ dazu sagen. Dadurch entstand über die Zeit ein großer Komplex, unter dem ich sehr lange gelitten habe. Aufgrund dieses Komplexes hat sich aber auch mein Ehrgeiz entwickelt. Ein Ehrgeiz, der mich zu einem der weltbesten Bauchredner und Zauberkünstler gemacht hat. Früher habe ich aufgrund meiner Körpergröße sehr gelitten, heute nutze ich die fehlenden Zentimeter, um mein Publikum mit lustigen Pointen darüber zu unterhalten.

Apropos Größe: Napoleon war mit seinen „fünf Fuß, zwei Zoll und drei Linien“ für seine Zeit ein eher großer Mann: Umgerechnet heißt das, Sie überragen den Feldherren um zwei Zentimeter. Das ist doch was, oder?
Gut, aber der durfte auch immer auf einem Pferd sitzen und hat von oben auf alle heruntergeschaut. Ich stehe zwar auf der Bühne, aber sogar im Sitzen sind die Zuschauer mit mir auf Augenhöhe (lacht).

Sie sagen, das erotische Navi eines Mannes führt sein Ego unweigerlich in eine Sackgasse …
Wahrscheinlich in vielen Fällen (lacht). Aber ich liebe Wortspiele und setze mich gerne auf das eine oder andere Klischee. In dem Fall ist es ein lustiger Stand-up, den ich vor einigen Jahren geschrieben habe.

Sie haben quasi Ihre jüngere Schwester „großgezogen“ und sogar Ihren ersten Auftritt im Kindergarten Ihrer Schwester gehabt. Wie sehr hat Sie diese Beziehung geprägt?
Diese Aufgabe hat mich in meinem jungen Erwachsenenalter sehr geprägt. Zum Positiven! Der Schicksalsschlag, den meine Familie erleben musste, hat uns alle enorm zusammengeschweißt, und wir haben auf besonders traurige Weise gelernt, was echte Probleme bedeuten. Dadurch verändert sich die Sichtweise, und du entdeckst, was wirklich wichtig im Leben ist.

„GRÖSSENWAHN“: ab 14. März u.a. in St. Pölten, Baden, Stockerau, Brunn, Klosterneuburg und Melk.
Alle Termine: www.trickyniki.com

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