Oskar Haag: Irre vielseitig

FM4-Award-Gewinner: Zwei Konzerte gibt er in Niederösterreich, wir trafen ihn vor dem Tourstart.

5 Min.

© Michelle Rassnitzer

Sie tragen Jeans, furchtlos gemusterte Hemden, auch mal pinke Haare und infiltrieren jene Gemeinschaft, die (lang) vor ihren Geburtsjahren ihre Abos kaufte. Das begeisterte Publikum ist schön bunt, wenn Oskar Haag auf der Bühne des Wiener Burgtheaters steht. Er träumte davon, eines Tages auch Musik für Theater oder Film machen zu dürfen, sagt er. Aber dass das erste Mal „für eine so gigantische Bühne“ sein wird, damit rechnete er nicht. Nicht mit 17.Tina Lanik bettet die „Pophoffnung“, wie man ihn oft beschreibt, in ihre mitreißende Interpretation von Shakespeares „Wie es euch gefällt“; die Regisseurin schuf sogar eine eigene Figur für ihn.Nun bringt Oskar Haag sein Debütalbum heraus; wir sprachen vorab mit ihm.

© Christoph Liebentritt

NIEDERÖSTERREICHERIN: Wie geht‘s dir mitten im Interviewmarathon?
Oskar Haag: Wunderbar! Ich rede gerne über mich. Ich meine das nicht arrogant: Ich freue mich, dass so viele Menschen Interesse daran zeigen, was mir Spaß macht.

Du bist für den FM4 Award beim „Amadeus 2023“ nominiert: pure Freude oder mischt sich auch Druck dazu?
Ich rechne nicht damit, zu gewinnen, die Nominierung ist schon irre für mich. Und dass das Album endlich rauskommt, darauf freue ich mich einfach. (kurze Zeit nach dem Interview gewann Oskar Haag tatsächlich den FM4 Award – wir gratulieren! :)

Endlich?
Du hast deine überhaupt ersten Songs 2020 geschrieben …(lacht) Stimmt, so gesehen, ist es schnell gegangen. Nur ist es so, dass ich schon mitten im zweiten Album bin; es sind wieder vier, fünf Lieder fertig.

2020 hast du quasi die kreativen Schleusen geöffnet und seither sprudelt‘s?
Wenn man ganz ehrlich ist, habe ich schon 2019 zwei irre schlechte Songs geschrieben. Die habe ich niemandem gezeigt und mir nur gedacht: Ich kann das nicht. Dann kamen die Lockdowns, ich habe es wieder versucht, das wurde dann gut und hat auch anderen gefallen.

© Michelle Rassnitzer

Was steckt in „Teenage Lullabies“?
Es geht um Themen und Gedanken, die man als Jugendlicher hat. Um existenzielle Krisen, was man mit seinem Leben macht, ob man seine Eltern enttäuscht, wenn es in der Schule scheiße läuft. Es geht auch um Liebe, das ist in jedem Alter ein Thema. Und um Orte, wohin man sich manchmal „wegträumen“ kann, wo es vielleicht besser ist.

Wie sieht dein „besserer Ort“ aus?
Es geht nicht um den Ort an sich, sondern vielmehr darum, dass man dort so leben kann, wie man möchte. Dort geht es niemandem schlecht und man muss sich keine Sorgen machen.

Welche Sorgen hast du persönlich?
Mein einziges echtes Problem war die Schule, das ist jetzt vorbei.Ich habe gelesen, du hast die Schule „ruhend gestellt“ …Das wurde eher schonend dargestellt (lacht); ich habe die Schule abgebrochen. Das Konzept, wie wir es haben, ist veraltet. Wenn du gute Texte schreibst, eigentlich das Zeug hättest, ein Wahnsinnsliterat zu werden, du aber schlecht in Chemie bist, hast du quasi Pech gehabt. Ich verstehe nicht, warum jeder alles können muss.

Nun hast du sogar dein eigenes Label gegründet. Warum?
Da habe ich Glück, das habe ich mit meinem Papa gemacht; er kennt sich im Musikbusiness aus und kümmert sich um die organisatorischen Sachen, was echt sehr lieb ist, weil es wirklich viel ist. Nach dem Popfest in Wien (erster großer Bühnenerfolg, 2021, Anm. d. Red.) bekam ich viele Angebote; wir haben lange überlegt, wie es weitergehen soll und sind zum Entschluss gekommen, dass es am besten ist, wenn wir ein eigenes Label gründen und nur den Vertrieb abgeben.

So greift niemand in deine künstlerische Arbeit ein …
Wenn mir da wer dreinreden würde – das wäre schlimm! (lacht)Parallel zu all dem läuft auch deine schauspielerische Karriere super.

Wie hat das begonnen?
Meine Mama ist Kostüm- und Maskenbildnerin, so habe ich schon als Kind immer wieder kleinere Sachen gespielt; meine erste größere Sprechrolle hatte ich dann 2021 mit dem Handke-Stück „Immer noch Sturm“ und 2022 haben wir mit einer irren coolen Produktion von „Nicht sehen“ am Stadttheater Klagenfurt den Nestroy-Preis gemacht.… und mittlerweile stehst du auch vor der Kamera wie zum Beispiel in Elisabeth Scharangs Film „Wald“, der auch in Niederösterreich gedreht wurde. Das war 2021 und mein erstes Mal am Filmset, ein Herantasten, und dann gleich mit Johannes Krisch, sehr cool war das. Letztes Jahr habe ich in einem Film über Maria Lassnig gespielt: Arnulf Rainer, ihren Partner. Das hat viel Spaß gemacht. Wenn man Birgit Minichmayr als Filmpartnerin hat, fällt einem alles sehr leicht, weil sie so absurd gut ist.

Michelle Rassnitzer macht herausragende Bilder von dir; darf ich schreiben, dass sie deine Freundin ist?
Sehr gerne, sie macht echt irre gute Fotos! Wir sind vor ein paar Monaten gemeinsam nach Wien gezogen, in eine WG mit noch einer Freundin.

Wie definierst du Erfolg?
Etwas zu finden, was man sehr gerne macht, was einen glücklich macht, und vielleicht auch andere, und es irgendwie zu schaffen, das tuend, durch sein Leben zu gehen.

Wie blickst du der Tour entgegen?
Ich freue mich sehr. Ich schaue tatsächlich auch nie auf den Kartenvorverkauf rein. Im Endeffekt ist es wurscht, ob ich vor zehn oder 210 Leuten spiele; es wird so oder so schön.

Debütalbum

Man muss sich nicht „einhören“, Oskar Haags Musik funktioniert sofort und subkutan. Dann will man nicht mehr aufhören. Auf den Text hören empfiehlt sich auch, auf Botschaften wie „Don‘t Just Exist, Live“. In NÖ sind aktuell zwei Doppelkonzerte mit Sophia Blenda geplant: am 13. April in St. Pölten, am 20. April in Baden (cinema-paradiso.at).

Kurzbio

Oskar Haag wurde 2005 in Klagenfurt geboren – als Sohn von Musiker und Schauspieler Oliver Welter (u. a. bekannt durch die Formation Naked Lunch) und der Kostüm- und Maskenbildnerin Michaela Haag; er hat eine jüngere und eine ältere Schwester. Seit früher Kindheit tanzt er und steht auf Theaterbühnen, zuletzt wurden die Rollen immer größer. Aktuell spielt und musiziert er in „Wie es euch gefällt“ am Wiener Burgtheater und er drehte kürzlich unter der Regie von Anja Salomonowitz: In einem Film über die Künstlerin Maria Lassnig, gespielt von Birgit Minichmayr, verkörpert er Arnulf Rainer. Seit 2020 macht er erfolgreich Musik; aktuell ist er für den FM4 Award (Amadeus Music Award) nominiert. Sein Album „Teenage Lullabies“ erscheint am 3. März (s. unten).Insta @oskar.hg / TikTok oskar.haag

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