Offene Grenzen 2023

Musik. In Szene gesungen – in Worte gefasst – in Landschaft gesetzt. Das Festival Retz widmet sich in diesem Sommer den Themen Schöpfung und Natur.

3 Min.

Festival Retz Brigitte Karner/ © Brigitte Zaucke

Reflexionen dazu werden sowohl in der Kirchenoper „ELIAS“, der bereits im Vorjahr bejubelten szenischen Aufführung des Oratoriums von Felix Mendelssohn Bartholdy, deren adaptierte Inszenierung sich 2023 noch intensiver mit der Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen auseinandersetzt, sowie in einem Konzertreigen und einem Literaturpfad zu erleben sein.

Am Sonntag, den 16. Juli um 19:30 Uhr ist die mit dem ORF-Hörspielpreis 2022 ausgezeichnete Schauspielerin Brigitte Karner, die die Kunst des Erzählens zu neuer Blüte gebracht hat, mit dem literarisch-musikalischen Abend „Der Mann, der Bäume pflanzte“ zu Gast. Begleitet wird sie vom Saxophonisten Edgar Unterkirchner, dessen Klangspektrum zwischen archaisch-rural und urban-visionär schier unerschöpflich scheint. 

Plädoyer für den Schutz der Natur. Jean Gionos Erzählung spielt in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und handelt von den langwierigen, aber erfolgreichen Bemühungen des Schäfers Elzéard Bouffier, eine karge, verödete, zerstörte Berggegend in der Provence wieder aufzuforsten. Einfach so, um die Welt wieder schön zu machen, pflanzt er Tag für Tag jahrzehntelang Bäume. Und es gelingt ihm, einen Wald wachsen zu lassen. Die Tiere kommen zurück, ein vertrockneter Bach und die Brunnen füllen sich mit Wasser, die Luft wird frisch, und Menschen kehren in die ehemals verlassenen Dörfer zurück. Diese bezaubernde Erzählung ist ein Aufruf an jeden Einzelnen, nicht aufzugeben.

Brigitte, warum hast du dich für Jean Gionos Erzählung entschieden?

Brigitte Karner: Weil es ein unheimlich aktueller Text ist! Ich war begeistert von der Wirkung, die dieser Mann erzielt hat. Jeden Abend, wenn er seine Pfeife raucht, wählt er die besten hundert Tschurtschn (Eichenzapfen, Anm.), wie wir sagen, aus, und versenkt sie in die Erde. Es entspricht meinem Lebensbild, weil ich glaube, dass jeder von uns, der eine gute Tat setzt, eine positive Ernte eintragen wird. 

Braucht es dazu zuerst eine schmerzvolle persönliche Erfahrung? 

Das hoffe ich nicht! Wenn man einigermaßen bei sich ist, weiß man, dass dies eine wesentliche Arbeit ist, die man leisten müsste – aber wir tun es zu wenig.

Aber der Schäfer hat ja auch zuerst Frau und Sohn verloren …

Er war ursprünglich ein Bauer, und als er dann allein war, hat er die Sinnlosigkeit seines Tuns in dieser Dürre und bei diesem Wasserverlust gefühlt. Also beschloss er, ein Schäfer zu werden und etwas dagegen zu unternehmen.

Was bedeutet dir die Zusammenarbeit mit Edgar Unterkirchner? 

Sehr viel! Ursprünglich habe ich diese Geschichte ausgegraben, Peter und ich wollten sie abwechselnd lesen. In der Stiftskirche in St. Paul im Lavanttal sollte sie eigentlich Peter (Anmerkung: ihr am Pfingstmontag verstorbener Ehe­mann Peter Simonischek) vortragen, doch dann wurde ich gebeten, für ihn zu übernehmen. Also bin ich hingefahren und dem Edgar begegnet. In der Kirche haben wir uns vorab abgestimmt. Als es dann zur Aufführung kam, war das ein so unglaubliches Ereignis, weil wir perfekt harmoniert haben. Es ist für uns beide ein großes Glück, dass wir das machen dürfen: eine Geschichte zu erzählen und dabei diese wunderbare Musik zu erleben. Mittlerweile haben wir schon einige schöne Projekte miteinander gemacht und auch eine ganz besondere CD aufgenommen.

Das dreiwöchige Festival wird von der Philosophin Lisz Hirn eröffnet, die sich in ihrer Festrede einem neuen Ansatz der Urfrage „Was ist der Mensch?“ widmet. Infos: www.festivalretz.at

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