Autorin Veronika Bauer

Autorinnentalk mit Veronika Bauer

Mit ihrem neuesten Werk „Wer Verderben sät“ legt Veronika Bauer ein psychologisch dichtes Thriller-Debüt im Winzermilieu vor.

3 Min.

© Atilla Palkovics

Nach Zwischenstationen in Budapest und Los Angeles lebt die gebürtige Kremserin und Autorin zeitgenössischer Romane heute mit ihrer Familie in Fels am Wagram. Mit ihrem neuesten Werk „Wer Verderben sät“ legt Veronika Bauer ein psychologisch dichtes Thriller-Debüt im Winzermilieu vor. Eine Geschichte über Angst, Diskriminierung und Ausgrenzung in einer Dorfgemeinschaft im Weinviertel, die zugleich verstört und aufrüttelt. Hautnah und überaus spannend.

Veronika Bauer im Interview

Kennen ihr das? Man taucht beim Lesen tief in die Geschichte, solidarisiert sich mit der Protagonistin – bis einem ihre Handlungen vollends entgleiten, und man am liebsten eingreifen, die junge Erntehelferin Elza aus Ungarn wachrütteln möchte. Warum vergräbt sie ihren Ehemann im Garten, als sie ihn tot im Bett findet? Weil ihr im Dorf ohnedies niemand glauben wird? Wozu ist eine Mutter fähig, wenn sie alles zu verlieren droht? Und: ist das Böse sichtbar?

Veronika, dieses Buch beschreibt eine dörfliche Gemeinschaft, und was passiert, wenn diese etwa durch Misstrauen aus dem Gleichgewicht gerät. Gibt es einen persönlichen Zugang?

Meine Großmutter war Winzerin und hat ihre kleine Wirtschaft viele Jahre alleine geführt. Über das Dorfleben sagte sie immer: „Am wichtigsten ist hier ein schöner Vorgarten. Das Unglück in den Hinterhöfen kümmert niemanden. Hauptsache, du sitzt am Sonntag in der Kirche und machst ein heiliges Gesicht – das zählt mehr als das, was unter der Woche passiert.“ Ihre Beobachtungen haben mich nachdenklich gemacht – und inspiriert. Genau dieser Kontrast zwischen Fassade und Wahrheit, zwischen Schein und Sein, prägt heute mein Schreiben.

Du hast an der renommierten Schauspielschule Lee Strasberg in Los Angeles studiert. Inwieweit hilft dir die Ausbildung bei der Annäherung an die Figuren? 

Bei Strasbergs Method Acting erlebt man den Charakter der Figur von innen heraus: Gedanken und Gefühle bestimmen die Handlungen. Anfangs erscheinen mir die Protagonisten meines Romans noch fremd. Zeile für Zeile komme ich ihnen näher, bis ich irgendwann auch Anteile von mir selbst in ihnen entdecke, von denen ich oft noch gar nichts wusste. Ab einem bestimmten Punkt bin ich dann selbst meine Figur und erlebe ihre wilde Reise körperlich mit. Ich liebe ambivalente Charaktere – besonders meine Antagonisten haben es mir angetan.

Elza wird zur Spielfigur in einem perfiden Machtspiel und manövriert sich immer tiefer in Schwierigkeiten, bis ein Zettel prophezeit: „Du wirst töten“. Wie weit geht die Resilienz einer Verstoßenen?

Elza ist anfangs eine Frau, die versucht, sich anzupassen, Fehler zu vermeiden und den Erwartungen anderer gerecht zu werden. Doch das perfide Spiel, in das sie hineingezogen wird, testet ihre Grenzen emotional, psychologisch und moralisch aus. Resilienz bedeutet hier nicht, dass sie unverwundbar ist, sondern dass sie trotz Angst, Schuldgefühlen und Isolation immer wieder aufsteht, Entscheidungen trifft und handelt. Ihre Stärke wächst durch die Konfrontation mit der Bedrohung, aber gleichzeitig zeigt sich, wie zerbrechlich die Psyche eines Menschen sein kann, der von allen Seiten unter Druck steht.

Wie geht es dir, wenn du so tief in die Psyche eines Täters oder einer Täterin eindringst?

Gut (lacht)! Würden wir alle nicht manchmal gerne um uns schlagen, ausbrechen, überreagieren? Schließlich erlebt jeder von uns Kränkungen, Frust, Zurückweisung. In der Rolle der Täter lasse ich mich auf dieses Was-wäre-wenn-Spiel ein, lasse meiner Fantasie freien Lauf. Dann gieße ich die Blumen und füttere die Katze.

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