Lichtspiele Gföhl: Wir sind Kino!

ANERKENNUNGSPREIS FÜR ENGAGIERTE ZIELGRUPPENARBEIT © Ingrid Oentrich

Vor genau 100 Jahren wurde das älteste Kino Niederösterreichs gegründet. Nun wurde dieses cineastische Kleinod mit dem Österreichischen Kinopreis 2023 ausgezeichnet. Mit der Inhaberin Manuela Strauss sprechen wir über die bemerkenswerte Geschichte der Lichtspiele Gföhl.

Der Charme des alten 100-Plätze-Einsaalkinos zieht Besucher gleich in seinen Bann. Blockbuster sind hier keine zu sehen, stattdessen aktuelle heimische Filmproduktionen, zu deren Premieren jede Menge Filmschaffende gerne nach Gföhl kommen, um in dieser geschichtsträchtigen Atmosphäre ihre Produktionen mitzufeiern. Denn dieses Kino ist mehr als nur ein Kino, es ist der Beweis dafür, was eine engagierte Gemeinschaft erreichen kann, um eine lebendige Film- und Genusskultur im Ort zu erhalten.

Frau Strauss, Ihr Großvater hat vor 100 Jahren unter großen Entbehrungen das erste Waldviertler Kino gebaut und bespielt. Was wissen Sie über diese Zeit?
Manuela Strauss: Mein Großvater, Franz Karch, hatte seinen gesamten Besitz verkauft, um ein Kino zu errichten. Als das Kino fertig war, mussten er und meine Großmutter, Maria Karch, lange behördliche Wege durchmachen, bis sie die Kinolizenz erhalten haben. Mein Großvater kümmerte sich um die technischen Dinge, während meine Großmutter die Kassa und die Buchhaltung erledigte. Damals benötigten die Filmvorführer auch noch eine eigene Lizenz zum Vorführen der Filme. Das Licht in den Vorführapparaten wurde mit Kohlestäben erzeugt und die Filme waren sehr leicht brennbar. Als meine Eltern, Hermann und Angela Karch, das Kino in den 1960ern übernahmen, mussten sie ebenfalls diese Prüfungen noch ablegen. Da mein Vater berufstätig war, kümmerte sich meine Mutter um den Kinobetrieb. Sie war die Seele des Kinos.

Als Ihre Mutter früh verstorben ist, musste der Kinobetrieb 2009 eingestellt werden. Sie selbst waren da noch in der medizinischen Forschung in Wien tätig. Wie kam es schließlich zur Weiterführung des Kinos?
Meine Mutter hat bei ihrem letzten Treffen mit dem befreundeten Jochen Pulker den Wunsch geäußert, dass das Kino weitergeführt werden sollte. Jochen Pulker, ein großer Filmliebhaber mit beträchtlicher Filmsammlung, hat diesen Wunsch aufgenommen und führte daraufhin mit Franz Holzer diesbezüglich einige klärende Gespräche, bis sie schließlich auch an mich und meinen Mann Günther herangetreten sind. Die Idee hat mich sehr gefreut und wir konnten auch gleich Rainer Bayr als Techniker dazugewinnen. Somit wurde 2017 der Verein “Lichtspiele Gföhl“ gegründet.

Wofür steht der Verein Lichtspiele Gföhl?
Wir sind ein Verein zur Wiederbelebung und Erhaltung des Gföhler Kinos. Dabei legen wir besonderes Augenmerk auf die alten 35-mm-Projektoren, diese sollen wieder regelmäßig bespielt werden. Wir sind bemüht, das Wissen über diese Technik nicht verschwinden zu lassen, sondern an junge, interessierte Leute weiterzugeben. Indem wir aktuelle heimische Filme zeigen und auch die Filmschaffenden zu Publikumsgesprächen einladen, unterstützen wir die heimische Filmindustrie. Wir haben in Österreich so tolle Filme mit herausragenden Schauspielern! Das wird oft unterschätzt. Wir bemühen uns, dem Publikum zu zeigen, wie großartig die Filmszene in Österreich ist.

Wer ist für die Auswahl der Filme zuständig?
Wir beraten uns im Vorstand und in der künstlerischen Leitung und gehen auch auf die Wünsche des Publikums ein. Der Fokus liegt dabei auf österreichischen bzw. deutschsprachigen Filmen. Unser Kino steht aber auch zur Miete mit eigener Filmwahl zur Verfügung. Sehr beliebt sind hier Kindergeburtstage und feierliche Anlässe bis zur Hochzeit oder als Gutscheingeschenk. So war kürzlich ein Hochzeitstag der Anlass, den Film des ersten Rendezvous der beiden exklusiv zu zweit bei uns zu erleben!

Zu den jeweiligen Premieren laden Sie die Protagonisten, Regisseure und Filmschaffende ein, die auch gerne kommen und das kulturelle Leben von Gföhl so besonders machen …
Das ist für uns immer eine große Freude, wenn die Stars der heimischen Filmszene zu uns kommen. Man erfährt aus erster Hand über die Entstehung, die Hoppalas, das Casting und die Komplexität eines Filmes, über die Mühen und die Zeit, die es kostet, einen Film zu produzieren. Das Publikum ist sehr interessiert, hinter die Kulissen zu schauen und mit den Menschen, die vor der Kamera sind, zu diskutieren.

Das ganze Interview lest ihr in der online in der März-Ausgabe.