Keine Kulissen mehr

Laura Korhonen ist gehörlos – und singt. Mithilfe von Cochlea-Implantaten setzt sie mit der Band Satuo einen erfolgreichen Weg fort. Mit neuen Songs gastiert sie beim Schrammel. Klang. Festival Litschau.

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© Georg Cizek-Graf

Wenn Kids neu bei Laura Korhonen in der Musikschule Groß Gerungs anfangen, schickt sie zwei Dinge voraus: „Dass ich aus Finnland komme und deswegen ein bisschen komisch rede“, lacht sie. „Und dass ich eigentlich gehörlos bin und deswegen diese Geräte trage“, sagt sie im Interview und zeigt auf ihre Ohren. 

„Silence“ heißt jenes Lied, das die charismatische Künstlerin schrieb, nachdem sie 2018 ihr Gehör verloren hatte. Ihre Stimme klingt voll und warm, sie berührt – auch mit dem Text: „Silence came and changed everything. (…) It’s not the end, just a new beginning.“ Den Song, den sie gemeinsam mit ihrer Band Satuo aufnahm, findet man auf YouTube. Rund 150 Gigs feierte die Band bereits mit ihrem stilistischen und sprachlichen Crossover quer durch Europa, das neue Album „Somewhere in the Maze“ wird zwar erst am 9. September im Wiener Porgy & Bess präsentiert, beim „Schrammel.Klang.Festival“ in Litschau erlebt man alle neuen Songs inklusive „alter“ Hits live, verrät Laura. Schon einmal legte ihr das Universum einen riesigen Stein in den Weg, sie ließ sich weder damals noch heute von ihrer Liebe zur Musik abbringen.

Ab dem Kleinkindalter besuchte Laura eine Musikschule in Helsinki, wo sie aufwuchs; sie spielte zunächst Kantele (finnische Zither), später kamen Geige und Klavier hinzu. Am liebsten aber sang und tanzte sie und trat schon früh in Musiktheater-Stücken auf. „Ich wollte immer Musicaldarstellerin werden.“ Doch dann folgt das Maturajahr und die junge Künstlerin plagen schlimme Gelenkschmerzen. Die Diagnose: entzündliches Rheuma bzw. Morbus Bechterew. „Ich dachte mir: Ich kann noch immer singen.“ Dank Behandlung und eisernem Willen gelingt es ihr, „der Pazifistin“, wie sie schmunzelnd sagt, beim finnischen Berufsheer aufgenommen zu werden; nach der Grundausbildung gehört sie zum Team an professionell musizierenden Soldaten und Soldatinnen. „Wir haben dort eine eigene Jazz- und eine Showband gegründet und sind sehr viel aufgetreten – eine tolle Zeit.“

Wien und Waldviertel. Laura studierte an der Musikhochschule in Helsinki, 2009 kam sie für ein Auslandsjahr an die Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien – und blieb. Sie lernt bei der renommierten Jazz-Sängerin Ines Reiger, liebt Wiens pulsierende Musikszene und lernt bald den Gitarristen Aron Saringer kennen, ihren heutigen Partner.

© Franz Schaden

Die beiden begannen als Duo, die mittlerweile sechsköpfige Band nahm kürzlich das bereits dritte Album auf.

2017, ein Jahr bevor die zweite Tochter kommt, zieht die Familie ins Waldviertel, 2018 folgt zunächst die Babyfreude, dann der Schock: Nach mehreren Gehörstürzen hört Laura Korhonen plötzlich nicht mehr. „Ich war so traurig, auch für die Band“, beschreibt sie. „Ich habe mich gefragt: Wer bin ich überhaupt, wenn nicht mehr die Sängerin Laura?“

Eine Psychotherapie und der Rückhalt der Menschen um sie geben ihr Kraft: ihr Mann Aron, die Band, selbst die Musikschule, an der sie zuvor unterrichtete, „warteten“ auf sie. Laura Korhonen erhält Cochlea-Implantate von Medel, macht konsequentes Hörtraining – und schafft ein Comeback. Ihre ersten Gehörstürze hatte sie schon vor Jahren; aus Scham redete sie nicht darüber und lebte ständig in Angst, dass es entdeckt würde, dass es schlimmer würde. „Wir verschwenden so viel Lebenszeit, indem wir uns hinter Kulissen verstecken“, sagt Laura. „Ich will weder Mitleidspunkte noch eine Freakshow sein. Vieles ist noch eine Challenge, aber ich bin stolz auf meinen Weg und rede offen darüber.“ Ihre Rückkehr krönten die Wochen im Herbst im Studio, als Satuo das neue Album aufnahm. „Heute spüre ich bewusster als je zuvor, wer ich bin: die Sängerin Laura.“

Schrammel.Klang.Festival Litschau, 7. bis 9. und 14. bis 16. Juli, schrammelklang.at, www.satuo.at

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