Hallo, Endorphine!

Mit gutem Gewissen tanzt es sich noch schöner: Das „Paradies Garten“ will Österreichs grünstes Musikfestival werden. Wir sprachen mit Co-Gründerin Elise Accarain.

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© Cornelius Klimt

Ich will ganz offen sein: Mit elektronischer Musik hatte ich nicht viel am Hut. Aber zwei Dinge waren sehr verlockend: Die Location, nämlich direkt vor dem Schloss Prugg im wundervollen Harrachpark, und das betonte Ziel, Österreichs grünstes Festival werden zu wollen. Die Augustsonne brannte gnadenlos, aber die Neugier war stärker – und tatsächlich übertraf die erste Auflage des Paradies Garten Festivals 2022 all meine Erwartungen: Wir tanzten Stunden um Stunden – teilweise unter großen schattenspendenden Bäumen – bis ein harmloses Sommergewitter uns zu einer Pause zwang. Nach unerträglichen Jahren des Social Distancing quetschten sich Menschen aller Generationen kichernd unter die Sonnenschirme, um nicht klatschnass zu werden. Ich fand: Schöner hätte eine Festivalpremiere nicht ausfallen können. Die Bilanz: Mehr als 50 nationale und internationale Acts unterhielten an drei Tagen rund 5.000 Gäste. 

Belgisches Vorbild. Im Vorfeld der diesjährigen zweiten Auflage traf ich Elise Accarain zum Interview. Die studierte Soziologin und stolze Mama eines Babys gründete gemeinsam mit Felix Mayr-Melnhof das Paradies Garten Festival. Vorbild dafür war und ist das belgische „Paradise City“ in der Nähe von Brüssel, bei dem Elise seit dessen Geburtsstunde aktiv ist; es feiert heuer die achte Edition. „Wir rechnen dort mit 40.000 Leuten an drei Tagen – und trotzdem ist es noch immer gemütlich“, sagt sie und kann das glaubwürdig erklären: Auch dort fand man bei einem Wasserschloss eine besondere Location, mehrere Bühnen sorgen dafür, dass sich die Menschen schön verteilen. Die Botschaften, die man im Vorfeld entsendet, beeinflussen auch Zusammensetzung und Stimmung des Publikums, ist sie überzeugt: „Nachhaltigkeit war uns auch dort von Beginn an wichtig; wir bekamen von der unabhängigen Organisation ,A Greener Future‘ zum dritten Mal vier von vier Sternen – und gehören damit zu den nachhaltigsten Festivals weltweit.“

© Aron Millok

Der grüne Aspekt war auch hierzulande ab der Locationsuche entscheidend; Bruck an der Leitha erwies sich quasi als Volltreffer. „Rund 70 Prozent unserer Gäste kamen mit dem Zug“, freut sich Elise. „Wir haben wieder eine tolle Partnerschaft mit den ÖBB: Gemeinsam bieten wir den Paradies Garten NightLiner an, mit dem man nach dem letzten Act kostenlos zurück nach Wien gelangt.“ Dass es wiederverwendbare Becher gibt, ist selbstverständlich, die Foodtrucks bieten ausschließlich vegetarische bzw. vegane Speisen an; man will dabei mit möglichst nahen Anbietern kooperieren.

Die Musik. Lokale Kollektive, Clubs und Kunstschaffende kuratieren die drei Bühnen; gemeinsam mit dem Booking-Team stellten sie ein Line-up aus DJs und Live-Acts aus nah und fern zusammen. Gefördert sollen so das kreative Schaffen von jungen Talenten aus Österreich sowie der Austausch mit internationalen Größen werden. Die Bandbreite reicht von Techno über House und Disco bis hin zu Funk. „Die Musik soll widerspiegeln, was in den Clubs gerade passiert. Wir schauen auf die Qualität und nicht, ob jemand einen tollen Insta-Account und viele Follower hat“, sagt Elise. „Außerdem ist uns Diversity sehr wichtig: Je diverser das Line-up, umso diverser das Publikum.“

Auf lange Sicht profitiert die ganze Region vom Festival, betont Elise Accarain. „In Holland finden jede Woche fünf, sechs große Festivals statt; da animieren einander die Bürgermeister dazu, weil sie wissen, welche Umwegrentabilität solche Events bringen.“

4. bis 6. August, Paradies Garten Festival, Bruck/Leitha, paradiesgartenfestival.at 

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