„Es geht nicht um mich“

Coverstory: Die Pianistin, Intendantin und Dirigentin Dorothy Khadem-Missagh im Talk.

4 Min.

© Vandehart Photography

In unserer Coverstory richten wir den Fokus auf sie, aber auf der Bühne will Dorothy Khadem-Missagh die Musik sprechen lassen: als Pianistin, Intendantin und als eine der wenigen Orchester-Dirigentinnen Österreichs.

© Vandehart Photography

Produktion/Coverstory:

Redaktion: Viktória Kery-Erdélyi / Fotos: Vandehart Photography / Make-up & Hair: www.q-makeup.at

Die Musik ist ihre Eintrittskarte in eine andere Welt. Und für Reisen um die Welt. Sie ist ihr Lebenselixier und ihre Mentorin. Es scheint, als würde sie keine Gelegenheit auslassen wollen, um die Musik in möglichst vielen Facetten in ihr Leben integrieren zu können. Dorothy Khadem-Missagh ist Pianistin, Festival­intendantin – und seit Kurzem auch Dirigentin, eine bis heute keine alltägliche Position für eine Frau. Das zusätzlich Faszinierende an der Badenerin ist: Wie voll ihr Terminkalender auch ist, ich erlebe sie bei jeder Begegnung fokussiert, im Moment seiend – und herzlich.


Wieso hast du ein eigenes Festival ins Leben gerufen?
Dorothy Khadem-Missagh: Weil ich gerne gestalte und Menschen zusammenbringe. Wenn wir eine Vielfalt im Publikum haben wollen, braucht es auch eine Vielfalt bei der künstlerischen Leitung. Ich begegne als Pianistin immer wieder dem Bild, dass die Entscheidungen von Herren getroffen werden. Ich mag es, neue Wege zu gehen; Ludwig van Beethovens 250. Geburtstag bot sich an, 2020 ein eigenes Festival zu gründen. Der andere Aspekt ist: Auf meinen Konzertreisen bekomme ich einen anderen Blick. Das Beethoven-Haus und andere Gedenkstätten sind für mich selbstverständlich. Seine Musik spielt für mich als Pianistin seit der Kindheit eine besondere Rolle, trotzdem machte ich mir lange nicht viele Gedanken darüber, auf welchen Wegen ich täglich wandle. Das ändert sich, wenn ich in Asien erzähle, dass ich aus der Beethoven-Stadt Baden komme.

Wie reagiert man da?
Da stehen die Münder offen (lacht). Ich bin umgekehrt beeindruckt davon, wenn dort im 50. Stockwerk in kürzester Zeit ein großer Konzertsaal errichtet wird. Meine Reisen schärfen jedenfalls den Blick auf die besonderen Orte, die uns hier umgeben: Als Beethoven in Wien bereits wie ein Popstar gefeiert wurde, fand er in Niederösterreich Rückzugs- und Inspirationsorte, die wir beim Festival bespielen. Ein Beispiel: das Schloss Wasserhof in Gneixendorf, das sonst öffentlich gar nicht zugängig ist; es gehörte Beethovens Bruder.


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Du warst 27 Jahre jung, als du mit dem Beethoven Frühling gestartet hast. Wie war der Start?
Kein Honiglecken (lacht). Selbst Leute, die mich und meine Energie kennen, haben mir davon abgeraten. Wenn eine Mittzwanzigerin mit einer Festival­idee an Sponsoren tritt, ist das wie eine Aktie, die noch keinen Namen hat. Der finanzielle Aspekt bleibt eine Herausforderung, aber wir haben das auch nie als Business, mit dem wir Geld verdienen wollten, gesehen. Ich habe den echten Wunsch, gesellschaftlich einen Beitrag zu leisten: Räume zu schaffen, in denen Musik die Menschen zusammenbringt. Wir brauchen das aktuell mehr denn je, wo zuletzt verschiedene Themen die Gesellschaft immer wieder spalten.


Ihr musstet zwei Jahre hindurch ständig an die Covid-Situation angepasste, innovative Lösungen für eure Konzerte finden – und habt euch nicht entmutigen lassen. Weil das Festival ein solches Herzensanliegen ist?
Ja, und trotzdem darf man nicht vergessen, dass Künstlerinnen und Künstler ihre Arbeit aus und mit Liebe machen, die Kunst aber gleichzeitig einen Wert hat und auch finanziell entlohnt werden muss. Niemand hinterfragt, ob er einen Installateur bezahlen will, bei Musikerinnen und Musikern wird immer verhandelt. Wir leisten einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag, Musik ist Nahrung für die Seele.


Was ist dir als Intendantin inhaltlich wichtig?
Der Namensgeber und sein Werk haben klarerweise einen wichtigen Stellenwert, aber wir werden nicht Beethoven mit Scheuklappen spielen. Wir spannen den Bogen bis hin zur zeitgenössischen Musik. Er selbst war zu seiner Zeit so revolutionär, dass er zunächst teilweise gar nicht verstanden wurde. Zu Gast werden Formationen in ungewohnten Besetzungen sein, wie etwa das Trio KlaVis mit Klavier, Geige und Saxofon, oder das Louie‘s Cage Percussion Ensemble. Beim Forum Beethoven Frühling bieten wir jungen Musikerinnen und Musikern eine Plattform, wo sie sich mit erfahrenen Kolleginnen und Kollegen austauschen können. Das soll weniger wie eine klassische Masterclass ablaufen, wo von oben herab gelehrt wird; es soll ein offener Diskurs, ein gemeinsames Erforschen von Musik stattfinden.

Im Interview mit Redakteurin Viktória Kery-Erdélyi © Vandehart Photography

Das ganze Interview könnt ihr in der Mai-Niederösterreicherin nachlesen – das Magazin gibt’s im Zeitschriftenhandel oder im Abo.

Alles Infos zum Beethoven Frühling 2023: beethovenfruehling.at

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