Editorial: Perfektionistisch oder gelassen?

Wir vergleichen die zwei Persönlichkeiten

3 Min.

Angelica Pral-Haidbauer, Chefredakteurin © AQUILA-Picture

Sind Sie einer derjenigen Menschen, die einen Fleck auf dem Spiegel aus zehn Metern Entfernung entdecken und sofort anfangen, den ganzen Raum zu putzen? Oder gehören Sie zu jenen, die beim Kuchenbacken nicht nur das Rezept, sondern auch den Backofen kontrollieren, ob er wirklich auf die exakt richtige Temperatur eingestellt ist? Stellen Sie Ihre Uhr nicht nur auf die Sekunde genau, sondern vergleichen Sie diese auch regelmäßig mit der Atomuhr?

der Perfektionist

Nun, dann sind Sie eine Perfektionistin, ein Perfektionist, die oder der aus einem einfachen „Das passt schon“ ein „Ich sehe da noch ein mikroskopisch kleines Detail, das verbessert werden könnte“ machen. Und wehe, ein Bild würde schief an der Wand hängen – das ist für Perfektionisten ungefähr so, als würde man ein kleines Chaos-Universum erschaffen. Aber keine Sorge: Sie werden es geraderücken – täglich, und vielleicht mehrere Male. Allen, die sich jetzt angesprochen fühlen, kann ich einen guten Rat geben: Ziehen Sie niemals in ein Schloss, auch wenn die Erbtante mit einem verlockenden Angebot winken sollte!

Denn, wie uns Johannes Waldburg-Zeil, der sympathische Schlossherr auf Schloss Rohrau nordöstlich von Bruck an der Leitha, bei Johann-Philipp Spiegelfelds Schlossbesuchen wissen lässt: „Mit Perfektionismus wirst du in einem Schloss depressiv.“ Und das wollen Sie doch nicht …

der lockere „Laissez faire“-Typ

Im Gegensatz zu den perfektionistisch-angehauchten stehen die lockeren „Laissez faire“-Typen, die den kleinen Unvollkommenheiten des Lebens eher gelassen und entspannt begegnen. Sie sind meist flexibler, weniger stressanfällig, achten mehr auf das Gesamtbild, ohne sich in Details zu verlieren. Ein Beispiel dafür finden Sie in unserer Geschichte „Sepp, was machst du?“ Da ersetzt zum Beispiel Sepp Schellhorn, bekannter Profikoch und Social-Media-Phänomen, die einfache Essigwurst ganz kreativ mit einer Vorspeise aus dem Veneto: „trota in saor“, der Forelle sauer.

Und weil für ihn „Essen kein Schicksal, aber Kochen die Erlösung“ ist, ermutigt er uns mit seinen „ReSEPPten“, sich doch einfach an Herd zu stellen und drauflos zu kochen. In seiner unvergleichlich authentischen Art meint er dazu: „Sch… dir nix, würden wir in den Bergen sagen, fang einfach an!“

Liebe Leserinnen und Leser, haben Sie viel Vergnügen mit unserer September-Ausgabe, in der wir Ihnen wieder wissenswerte wie amüsante Geschichten aus dem Land zusammengetragen haben! Ja, und sollten Sie die Familienporträts aus der Serie „Mischpoche“ des Fotokünstlers Andreas Mühe zur Nachahmung inspiriert haben, dann wäre es vielleicht doch gut, einen Perfektionisten zur Hand zu haben. Denn dieser wird, mit Pickelpflaster und Mini-Föhn bewaffnet, dafür sorgen, dass alle gut aussehen, das Licht stimmt und kein Haar aus der Reihe tanzt. Er wird zwar 99 Bilder machen – aber das 100. wird garantiert perfekt!

Einen bunten Start in den Herbst und allen Kindern einen guten Schulbeginn!

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