Schauspielerin und Sängerin Sandra Högl

Das Landkind in mir: Sandra Högl im Interview

Sie wollte weit weg, hinaus auf die Bretter der Welt

7 Min.

© STOMPE

Sie wollte weit weg, hinaus auf die Bretter der Welt: die Schauspielerin und Sängerin Sandra Högl aus Michelndorf. Neben vielen Engagements führten sie Gastspiele von Madrid bis Teheran, von Edinburgh bis Brisbane – bis sie im letzten Sommer wieder „daham“, bei den Sommerspielen Schloss Sitzenberg, auf der Bühne brillierte. Im Februar 2025 gibt sie einen Soloabend in Michelhausen. Womit sich der Kreis schließt.

Sandra Högl über ihren Weg auf die Bühne

Eigentlich wollte sie Tierärztin werden. Denn im großen Garten ihres Elternhauses im Tullnerfeld tummelten sich neben „Hund und Katz“ auch Hasen, Hühner und sogar ein Hängebauchschwein, und ihr Vater hielt, gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder, auf der gegenüberliegenden Koppel eigene Pferde. Es lag also nahe – hätte der Teenager dann nicht die Justizthriller von John Grisham verschlungen, die Sandra zu einem neuen Berufswunsch inspirierten: Anwältin. Dass sie dann doch eine künstlerische Ausbildung zur Musicaldarstellerin am Konservatorium der Stadt Wien absolvierte, lag daran, dass man im Schulchor des Gymnasiums Tulln das besondere Timbre ihrer Stimme erkannte. Bald schon durfte sie bei den Konzerten die Soli singen. Ein Künstlerleben im Rampenlicht nahm seinen Anfang…

Sandra, vom BG Tulln aus hast du konsequent deinen Weg auf die Bühne und vor die Kamera verfolgt. Hast du je am Erfolg gezweifelt?

Ständig! (lacht) Die Unsicherheit ist ein so treuer Begleiter wie das Textlernen und das Rollenstudium selbst. Mit jedem Engagement beginnt man quasi von vorn und ohne Garantie, dass es ein nächstes geben wird. Aber was genau ist Erfolg? Träumt man als Anfängerin vielleicht von der großen Hollywood-Karriere, wird man sich irgendwann bewusst, dass es durchaus als Erfolg zu werten ist, über Jahre hinweg kontinuierlich und mit Freude den Beruf auszuüben und davon leben zu können. Woran ich allerdings nie gezweifelt habe, ist, dass es mich glücklich macht, auf der Bühne zu stehen.

Zierlich und quirlig bist du prädestiniert für Komödien. Kommt dir dieses Genre besonders entgegen?

Ich glaube, es liegt mir wirklich im Blut! Als ich vom ersten Schulschikurs nach Hause kam und meinen Eltern und meiner Schwester das Erlebte schilderte, konnten sie sich vor Lachen kaum auf den Sesseln halten. Meine Mutter meinte damals: Du musst Komödien spielen! Später, als junge Schauspielerin, wollte ich natürlich viel lieber die tragischen Heldinnen der Literatur verkörpern, voller Weltschmerz und großer Gefühle. Und ja, eine „Judith“, „Maria Stuart“ oder die „Medea“ stehen noch heute auf meiner Wunschliste, denn besetzt werde ich hauptsächlich für die komödiantischen Rollen. Dabei habe ich Komödie als die Königsdisziplin wirklich schätzen gelernt. Was gibt es denn Schöneres, als Menschen von Herzen zum Lachen zu bringen und sie für ein paar Stunden ihre täglichen Herausforderungen vergessen zu lassen?

Neben Film und TV zieht es dich immer wieder zurück auf die Bühne. Wie sehr brauchst du den unmittelbaren Kontakt zum Publikum?

Die Magie des Theaters ist durch nichts zu ersetzen. Sie entsteht durch die Verbindung zwischen Publikum und Schauspieler, durch das direkte gemeinsame Erleben im Hier und Jetzt. So ist jede Vorstellung einzigartig. Es gibt diese besonderen Momente, als hielte das Publikum den Atem an, es ist vollkommen still und alle sind wie gebannt, erwartungsvoll. Und dann… löst sich diese Spannung wieder. Ein unbeschreibliches Gefühl!

Im Kurzfilm DIANA werden dir körperliche Wunden zugefügt. Wie schmerzhaft ist es, sich in diese Tiefe der Gefühle zu begeben?

Für meine Rollen schöpfe ich immer in irgendeiner Form aus Selbsterlebtem. Und ja, es tut weh, sich für eine Figur ehrlich mit den eigenen Bedürfnissen und Ängsten auseinanderzusetzen. Jeder von uns trägt seinen Rucksack, als Schauspielerin hab ich einen Weg gefunden, meinen kreativ zu nutzen. Mit jeder neuen Rolle lerne ich auch mich ein bisschen besser kennen. Oft habe ich auch das Gefühl, das richtige Stück kommt genau zur richtigen Zeit. Und ja, ich kann auf Knopfdruck weinen! (lacht) 

DIANA Ein Film, in dem körperliche und seelische Wunden sichtbar werden. © STILL

Zu deinen Lieblingsrollen zählen die Mrs. Cheveley in „Ein idealer Gatte“ oder das Gretchen in „Gretchen 89ff“. An „Harry und Sally“ gibt es eine besondere Erinnerung….

Oh ja! Wenn man an den Film denkt, fällt einem natürlich sofort die berühmte Szene im Restaurant ein, wo Sally einen Orgasmus vortäuscht. Und da bin ich zum ersten Mal an eine Grenze gestoßen. Es hat anfangs so viel Überwindung gekostet, einen derart intimen Moment auf der Bühne zu zeigen. Bei den Proben bin ich regelmäßig in Gelächter ausgebrochen, weil ich mich geniert habe, in dieses Gefühl reinzugehen. Aber diese Herausforderung habe ich gemeistert. Und dann kam die nächste: Der Tisch, an dem wir die Szene spielen würden, war mitten im Publikum positioniert, also nicht in sicherem Abstand auf der Bühne, nein, direkt vor der Nase der Zuseher! Und es hat funktioniert! Jeden Abend Szenenapplaus, worin der berühmte Satz der Kollegin „ich möchte genau das, was sie hatte“ leider meist unterging. 

Du hast in Australien, Argentinien und Schottland gelebt, sprichst mehrere Sprachen. Woher kam diese Sehnsucht nach Ferne? 

Es gab einen Punkt in meinem Leben, wo ich mich sehr festgefahren fühlte. Meine berufliche Welt war mir zu eng, Österreich zu klein, und ich glaube, ich musste mir selbst etwas beweisen. Schottland war als erste Destination sorgfältig gewählt, nicht zu weit weg und ohne Sprachbarriere, vom schottischen Akzent mal abgesehen. Und dann hat mich das Reisen nicht mehr losgelassen! Meine Neugierde und Faszination wurden immer stärker, die Ziele immer exotischer, die Aufenthalte noch länger. Gegipfelt ist das Ganze in einem Engagement an Bord eines Kreuzfahrtschiffes, wo ich diese Leidenschaft mit meinem Beruf bestens kombinieren konnte.

In Goldonis „Mirandolina“ bist du im Sommer bei den Sommerfestspielen Schloss Sitzenberg nach Niederösterreich zurückgekehrt. Was bedeutet dir dieses Heimspiel?

Beruflich wie privat war es wirklich ein besonderer Sommer für mich. Gemeinsam mit einem so großartigen und harmonischen Ensemble auf der Bühne zu stehen, war ein Geschenk und meine Rolle, die viel Witz, Charme und Musikalität erforderte, hat mir eine Riesenfreude gemacht. Privat war es ein Ankommen, bei mir und bei meinen Wurzeln. Ich habe viel Zeit mit meinem Papa verbracht, der, so glaube ich, mein größter Fan ist. Er hat das Stück sicher fünfmal gesehen! Kurzzeitig habe ich sogar mein Kinderzimmer zurückerobert, hab kiloweise Kirschen im Garten gepflückt und war oft stundenlang spazieren im Wald, den ich kenne, seit ich denken kann. Es hat sich einfach alles richtig angefühlt.

Am 21. Februar 2025 gibt es einen Soloabend in Michelhausen. Worauf dürfen wir uns freuen?

Ich werde das Publikum auf eine bunte Reise mitnehmen, teils autobiografisch, voller Anekdoten und Begebenheiten, untermalt von Songs aus unterschiedlichsten Genres. Es findet sich ein Titel von Hubert von Goisern genauso darin wie Musicalhits, Chansons und Jazz-Standards. Vielleicht auch der eine oder andere Austropop-Hit! Man darf gespannt sein!

Neben der Bühne trittst du auch als Moderatorin und Sängerin auf, man kann dich für Gala-Events, Hochzeiten oder Werbespots buchen (www.sandrahoegl.at). Wo findest du Ausgleich?

Tatsächlich an der frischen Luft und in der Natur, beim Wandern oder Schwimmen. Richtig frei fühle ich mich auf dem Rücken eines Pferdes, meine Batterien aufladen kann ich am besten beim Salsatanzen! Immer wieder versuche ich auch zu meditieren, aber das gelingt aktuell nicht ganz so gut. Wenn die Pausen zwischen den Auftritten etwas länger sind, zieht es mich unweigerlich ans Meer. Da kann ich stundenlang am Strand entlanggehen oder einfach nur dasitzen und dem Geräusch der Wellen lauschen. So komme ich wirklich zur Ruhe.

Weihnachten naht. Hast du besondere Rituale für die Adventszeit? 

In meiner Familie gibt es die schöne Tradition gemeinsam unsere Adventkränze zu binden. Mit dem Duft von frischem Reisig kommt das erste Mal Weihnachtsstimmung auf! Außerdem liebe ich es, selbst Kekse nach den Rezepten meiner Oma zu backen. Das sind die besten Kekse der Welt! Für einen Adventkalender werde ich nie zu alt sein, der Christbaum reicht immer noch bis an die Decke, aber die Packerl sind in den Hintergrund gerückt. Am Wertvollsten ist für mich, Zeit mit den Menschen zu verbringen, die ich lieb habe und die mir wichtig sind. 

_____________

Das könnte dich auch interessieren

Abo

Wählen Sie Ihr persönliches Abo aus