Neonschrift mit dem Satz It was all a dream.

Wie du deine Träume richtig deutest

Traumsymbole haben ausgedient!

6 Min.

©Pexels/Nadi Lindsay

Von der wahren Liebe träumen wir alle und sich einen Traum zu erfüllen, ist ein magisches Erlebnis. Aber Traumdeutung mit Symbolen, wie es Sigmund Freund und C.G. Jung praktiziert haben? „Das macht keiner mehr“, sagt Prof. Dr. Michael Schredl. Heute deuten wir Träume ganz anders.

Der Traumforscher und Leiter des Schlaflabors im Mannheimer Zentralinstitut für seelische Gesundheit arbeitet seit mehr als 30 Jahren in der Traumforschung und hat spannende Antworten auf unsere Fragen rund um nächtliche Ausflüge ins Traumland. Schon gewusst: Dass wir im Schlaf gar nicht aufhören zu träumen?

Das Gehirn schläft nicht

Genau wie der Herzschlag ist das Gehirn immer an und denkt. Abschalten geht nicht. Auch wenn wir den Eindruck haben, dass es beim Einschlafen dunkel wird und beim Aufwachen hell. „Das subjektive Erleben reißt im Schlaf nicht ab“, weiß Experte Schredl. Wir erinnern uns nur oft nicht daran, was wir im Traum erleben.

Keine Angst, das macht nichts. Wer sich nicht an seine Träume erinnert, hat keinen Nachteil. Das Gehirn macht trotzdem, was es soll. „Sich an Träume zu erinnern, ist ein Bonus für Personen, die sich dafür interessieren“, sagt der Traumforscher. Doch wer sich ernsthaft mit seinen Träumen auseinandersetzen mag, kann einiges daraus für seine Persönlichkeit lernen.

Traumdeutung: Symbole? Unsinn! So geht es richtig
© Pexels/Mo Eid

Traumforscher Schredl: „Traumsymbole sind Unsinn“

Es gibt in der Traumforschung eine Theorie, laut der wir im Traum üben, tagsüber besser zu performen. Bisher ist das ist nur Spekulation. Sicher ist: Träume beinhalten interessante Ideen und Lösungsansätze für reale Herausforderungen.

Was uns im Leben emotional beschäftigt, führen wir uns im Traum in kreativer Weise vor Augen. Weil jeder Mensch seine eigenen Thematiken hat, unterscheiden sich unsere Träume. Und genau deshalb, sagt Traumforscher Schredl, könne es kein Traum-Nachschlagebuch geben, dass „Traumsymbole erfasst à la ‚Hund im Traum bedeutet immer genau dieses oder jenes‘.“

träume deuten mit Hund

Also: Individuelle Erfahrungen und Erlebnisse bestimmen, wovon wir träumen, wie häufig wir davon träumen und welche emotionale Färbung der Traum hat. Der Traumforscher hat das Thema ‚Hund im Traum‘ mit seinem Team untersucht und zwei Dinge festgestellt. Erstens: Menschen, die einen Hund haben, träumen öfter von Hunden. Zweitens: Wer als Kind negative Erfahrungen mit Hunden gemacht hat, träumt als Erwachsener öfter negativ von Hunden.

Was sagt mein Traum aus: Erkenne das muster!

Heute arbeitet die Traumforschung mit sogenannten Grundmustern. Am Beispiel Hundetraum erklärt: Ein Traumsymbol wäre der Hund. Ein Grundmuster im Hundetraum wäre: Wie fühlt sich und wie reagiert mein Traum-Ich auf den Hund? Grundmuster sind prinzipiell von Mensch zu Mensch verschieden und trotzdem ähnlich, weil wir uns mit ähnlichen Themen beschäftigen.

„Wir deuten Träume nicht und haben uns von Symbolen verabschiedet. Wir arbeiten mit Träumen, d.h. wir stellen den Zusammenhang zwischen dem Erleben im Traum und dem Wachleben her“, sagt der Traumforscher. Die beiden Grundfragen sind dabei: Was hat mein Traum mit dem zu tun, was aktuell in meinem Leben los ist und kann ich aus dem Traum etwas lernen?

Was bringt mir Traumdeutung?

Studien aus den USA zeigen: Wer über seine Träume nachdenkt und spricht, kann etwas lernen. Beim Verfolgungstraum wäre das: nicht weglaufen, sondern sich der Angst stellen. Dabei ist es völlig egal, ob der Verfolger ein Hund, Monster oder der Chef ist – wer wegläuft oder aufwacht, kann die Angst im Traum nicht bewältigen. Schredl rät: „Stellen Sie sich in der Fantasie vor, nicht mehr wegzulaufen, sondern sich umzudrehen und den Verfolger zu fragen: Was willst du von mir?“

Aber Obacht: Sieh Träume nicht als Botschaft und interpretiere nicht zu viel hinein. Der Traum weiß nicht besser, was für dein Wachleben gut ist. Dem Chef die Meinung sagen oder sich dem Verfolger mutig entgegenstellen kann im Traum hilfreich sein – aber im Wachzustand ernste Folgen haben.

Denn das echte Leben hat andere Randbedingungen als der Traum. Träume liefern nur Ideen für den Wachzustand. „Das Traum-Ich denkt eingeengter als das Wach-Ich und ist viel mehr von der Kindheit geprägt. Dein Wach-Ich hingegen ist emotional stärker“, sagt Schredl.

Traumdeutung: Symbole? Unsinn! So geht es richtig
© Pexels/Ron Lach

Alpträume und wiederkehrende Träume deuten

Wiederkehrende Träume und Alpträume nehmen eine Sonderstellung im Reich der Träume und der Traumforschung ein. Wiederholungsträume zeigen uns: Lerne eine neue Fähigkeit. Am Beispiel Prüfungstraum erklärt: Lerne mit Prüfungssituationen umzugehen. Dabei kann es helfen, im Wachzustand Vorstellungsübungen zu machen. Die Ideen, die das Wach-Ich einbringt helfen dem Traum-Ich. Schredl: „So verschwinden im Bestfall nicht nur die wiederkehrenden Prüfungsträume, sondern auch die Prüfungsangst.“

Alpträumen liegt meist ein Gefühl der Hilflosigkeit zugrunde. Einfach aufwachen ist aber keine Lösung, denn: Das ist die ultimative Vermeidungsstrategie. Indem wir aufwachen, vermeiden wir das Gefühl der Hilflosigkeit und müssen uns nicht mehr damit beschäftigen.

Frag dich lieber im Traum: Was mache ich jetzt? Oder: Versetze dich im Wachzustand in den Traum zurück und frag dich: Was gibt es für Möglichkeiten, mit der Traumsituation bzw. der Hilflosigkeit im Traum umzugehen? Die Lösung muss nicht realistisch, sondern darf ruhig kreativ sein.

Was sagen meine Träume aus? 3 Tipps vom Fachmann

Wenn es dich interessiert, mit deinen Träumen zu arbeiten und sie für dein Leben zu deuten, empfiehlt Traumforscher Schredl unter anderem diese Schritte:

Traumtagebuch führen

Traumtagebücher helfen dabei, sich besser an seine Träume zu erinnern. Wer mit Träumen arbeiten will, dem rät der Experte ausdrücklich dazu: „Ich selber führe eines, weil ich meine Träume sonst schnell wieder vergesse.“ Hast du eine gute Traumerinnerung, ist ein Tagebuch nicht zwingend notwendig.

Nicht jeden Traum deuten

Traumarbeit soll Spaß machen und nicht überfordern. Wir müssen nicht mit jedem einzelnen Traum arbeiten. Beschäftige dich mit den Träumen, die dir am Herzen liegen und im Kopf rumspuken. „Gewisse Träume bringen die Motivation mit sich, sich mit ihnen zu beschäftigen. Das ist meist durch den Traum selbst erkennbar.“

Sprich über deine Träume

Ein letzter Tipp vom Fachmann: Rede über deine Träume. „Ich empfehle, sich mit jemandem auszutauschen, der selbst Spaß hat an der Arbeit mit Träumen. Das kann neue Blickwinkel eröffnen und den eigenen Horizont erweitern.“

Abo

Wählen Sie Ihr persönliches Abo aus