Nix mit Totschweigen: Warum wir dem Tod ins Auge schauen sollten
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Der Tod ist Teil des Lebens. Trotzdem vermeiden wir es, uns damit auseinanderzusetzen. Warum es an der Zeit ist, unsere Wünsche und Ängste nicht mehr totzuschweigen und was man bei der Bestattung beachten sollte.
Wir sorgen im Leben für die unterschiedlichsten Szenarien vor. Nur für den Fall, der ganz sicher eintreten wird, nicht“. Es klingt paradox, doch viele Menschen schieben das Thema Tod vor sich her, als könnte man ihn damit aufhalten. Dabei zeigt sich in Gesprächen mit Expert:innen aus der Bestattungsbranche deutlich: Wer sich frühzeitig mit der eigenen Sterblichkeit auseinandersetzt, nimmt seinen Angehörigen nicht nur viele Sorgen ab, sondern kann auch selbst beruhigter leben. Aber warum tun wir uns so schwer damit? Und wie könnte uns sogar ein bisschen Humor helfen, mit dem Thema lockerer umzugehen?
Angst vor dem Ungewissen
Bestattungsberaterin Sarah Rezac von der Bestattung Himmelblau beobachtet, dass viele Menschen schlicht Angst vor dem Unbekannten haben. „Manche schieben das Thema ewig vor sich her, weil sie nicht wissen, was auf sie zukommt“, erklärt sie. Andere wiederum verdrängen es oder haben Angst, etwas falsch zu machen. Dabei betont sie, dass es bei der Planung einer Bestattung kein „richtig“ oder „falsch“ gibt: „Jede Bestattung kann so individuell gestaltet werden, wie man es sich wünscht – das ist das Schöne daran.“
Christoph Schlarb sieht jedoch auch einen positiven Wandel: Immer mehr Menschen setzen sich bereits zu Lebzeiten mit ihrer Bestattung auseinander. „Viele möchten ihren Angehörigen schwierige Entscheidungen abnehmen und das eigene Begräbnis selbstbestimmt gestalten.“
Über das eigene Ableben nachzudenken, bedeutet ja nicht, dass es sofort passieren muss.
Sonja Dietl, Bestattung Wien
In den Gesprächen helfe es manchmal sogar, die Stimmung mit einem kleinen Scherz zu lockern. „Zum Beispiel, wenn es um die Musikauswahl geht oder scherzhaft besprochen wird, wer vielleicht nicht auf der Gästeliste stehen sollte.“ Humor könne helfen, das Thema weniger bedrohlich erscheinen zu lassen. Aber, so der Unternehmensleiter der Bestattung Benu: „Man muss natürlich das richtige Gespür dafür haben, wann Humor angebracht ist.“
Vorsorge als Entlastung
Ein wichtiger Grund, sich frühzeitig mit der eigenen Bestattung zu beschäftigen, ist die Entlastung der Hinterbliebenen – nicht nur finanziell, sondern auch emotional. Sonja Dietl von der Bestattung Wien erklärt, dass viele Angehörige nach einem Todesfall nicht wissen, was sich die verstorbene Person gewünscht hätte. „Oft ist es eine zusätzliche Last, wenn in der Trauerzeit noch viele Entscheidungen getroffen werden müssen.“ Eine Bestattungsvorsorge nimmt diesen Druck und gibt den Angehörigen Raum, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: den Abschied.
Für viele sei es zudem tröstlich, bereits zu Lebzeiten konkrete Vorstellungen zu haben und diese mit den Angehörigen zu teilen, berichtet Sarah Rezac aus ihren Erfahrungen. „Es schafft Frieden und Klarheit – und oft auch ein Gefühl von Kontrolle über eine Situation, die ansonsten so unvorhersehbar ist.“ Das gilt nicht nur für die Auswahl der Musik oder die Entscheidung zwischen Feuer- oder Erdbestattung, sondern auch für persönliche Wünsche wie Abschiedsrituale oder die Gestaltung der Zeremonie.
Der Gedanke, mit klaren Wünschen und Vorbereitungen den Hinterbliebenen Last abzunehmen, ist oft ein großer Trost.
Christoph Schlarb, Bestattung Benu
Sonja Dietl betont: „Wir haben alle ganz individuelle Persönlichkeiten. Manchen gefällt eine klassische Trauerfeier, andere möchten, dass ihr Leben nochmal richtig gefeiert wird. Über das eigene Ableben nachzudenken, bedeutet ja nicht, dass es sofort passieren muss.“ Je mehr im Vorfeld besprochen wird, desto reibungsloser verläuft der Abschied, und das kann eine große Erleichterung sein.
Im Wandel der Zeit
Was früher als von Männern dominiertes Berufsfeld galt, wird heute immer mehr von Frauen geprägt. Die Expertin der Himmelblau-Bestattung betont, dass vor allem in Wien viele junge Frauen in Bestattungsunternehmen tätig sind. „Das hat sich sehr schnell geändert in den letzten Jahren. Den typischen ,alten Mann‘ im Bestattungsbüro findet man nur mehr ganz selten“, erzählt sie.
Sonja Dietl war die erste Frau im Unternehmen, die die staatliche Bestatterprüfung ablegte, und sie ist stolz darauf, wie sich die Branche entwickelt hat. „Frauen haben sich immer über Grenzen hinweggesetzt – auch in der Bestattungsbranche.“ Der Wandel spiegelt nicht nur eine allgemeine gesellschaftliche Entwicklung wider, sondern zeigt auch, dass die Bestattungsbranche zunehmend vielfältiger wird. Die neuen Perspektiven, die dadurch entstehen, können oft eine noch offenere und einfühlsamere Kommunikation mit den Hinterbliebenen fördern.
Digitalisierung in der Bestattungsbranche
Nicht nur die Rolle der Frauen hat sich gewandelt, auch die Digitalisierung hat Einzug in die Bestattungsbranche gehalten. Für viele mag es seltsam klingen, dass Social Media bei der Vorsorgeplanung eine Rolle spielt, aber die Realität zeigt: Der erste Schritt in die Auseinandersetzung mit dem Tod beginnt oft online. „Immer mehr Menschen informieren sich zuerst digital, bevor sie zu einem Bestattungshaus kommen“, erklärt Christoph Schlarb. Die Hemmschwelle, sich über den Tod zu informieren, sinkt dadurch erheblich.
Bei der Planung einer Bestattung gibt es kein ,richtig‘ oder ,falsch‘.
Sarah Rezac, Himmelblau Bestattung
Auch die Wiener Bestattungsunternehmen nutzen digitale Kanäle, um das Thema Tod in die Mitte der Gesellschaft zu holen. Rezac berichtet, dass besonders junge Menschen über Social Media einen leichteren Zugang zum Thema finden. „In unserem Sterbereport haben wir erhoben, dass mehr als ein Drittel der Österreicher:innen soziale Medien als eine geeignete Plattform sieht, um sich über den Tod auszutauschen.“
Naturbestattungen im Trend
Immer mehr Menschen entscheiden sich zudem für eine Baumbestattung oder die Beisetzung in einem Naturfriedhof. Klosterwald-Betriebsleiter Lukas Wurzinger erklärt, dass das Interesse an Naturbestattungen stetig wächst: „Viele Menschen möchten nach ihrem Tod in den Kreislauf der Natur zurückkehren und sehen den Wald als einen friedlichen Ort der letzten Ruhe.“
Besonders der Aspekt, dass die Grabpflege von der Natur übernommen wird, macht diese Form der Bestattung für viele attraktiv. Auch Nachhaltigkeit spielt eine zunehmend wichtige Rolle. Särge aus nachhaltigen Rohstoffen oder klimaneutrale Kremationen sind nur einige der Entwicklungen, die zeigen, dass auch die Bestattungsbranche sich zunehmend ökologischen Herausforderungen stellt.
Raum für Leichtigkeit schaffen
Die Auseinandersetzung mit dem Tod bleibt für viele ein sensibles Thema, doch die Expert:innen sind sich einig: Je früher man sich damit auseinandersetzt, desto einfacher wird es – sowohl für einen selbst als auch für die Angehörigen. Und dabei darf es ruhig auch mal leichter zugehen. Der Tod gehört zum Leben, und je mehr wir das akzeptieren, desto freier können wir uns auf das Leben konzentrieren. Also, warum nicht schon heute anfangen, über den letzten Weg nachzudenken.
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MEHR ÜBER DIE REDAKTEURIN:
Als Redakteurin der WIENERIN erkundet Laura Altenhofer gerne die neuesten Hotspots der Stadt. Besonders angetan hat es ihr jedoch die vielfältige Musikszene Wiens. Ob intime Clubkonzerte oder große Festivalbühnen – man findet sie meist dort, wo die Musik spielt.
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