Creativity is the key
Kennen Sie Motivationsprobleme oder sogar Blockaden? Die Niederösterreicherin Sarah Vaclav studierte Psychologie und Schauspiel und steht Stressgeplagten mit frischen Methoden und wertvollen Tipps zur Seite.
© Gerhard Huber
Das Publikum zu berühren und Emotionen zu wecken vermag sie als Schauspielerin, während für Analyse und Methoden zur Problemlösung das Wissen aus der Psychologie im Vordergrund stehen. Beides vereint ist dies eine symbiotische Voraussetzung, Menschen zu motivieren und sie auf ihrem Weg der eigenen Potenzialentfaltung zu unterstützen. Dies gilt für Sarah nicht nur als Coach für jene, deren wissenschaftliche Arbeiten Gefahr laufen, eine Never-Ending-Story zu werden, oder bei Schreibblockaden von Schriftstellern und Drehbuchautoren, sondern auch für Probleme des ganz normalen Berufslebens.
Sarah, die Matura steht vor der Tür. Gerade die mündliche Prüfung ist bei vielen mit Angst und Panikattacken verbunden. Welche Tipps gibt es für den Tag X?
Sarah Vaclav: Zur Ruhe kommen! Ich liefere dann die beste schauspielerische Darbietung oder den besten Vortrag, wenn ich ganz bei mir bleibe, ganz auf mich vertraue und alles andere ausblende. Klar, bei der Matura gibt es viele Prüfer, viele Zuseher, es steht viel auf dem Spiel, aber das sind alles nur kognitive Ablenkungen. Es bringt nichts, sich an dem aufzuhängen, was man nicht verändern kann. Prüfungen sind mit Zeit- und Performance-Druck sowie mit wichtigen Assoziationen verbunden, wie zum Beispiel endlich nicht mehr zur Schule zu müssen. Bereite dich vor, aber wenn es um die Performance geht – und auch die Matura ist eine Leistungsperformance – blende alles aus, außer dich und den Prüfungszettel oder dich und die Prüfer. Besinne dich auf die Fragen, dein Wissen und deine Fähigkeit, das Gelernte abzurufen und zu verbinden. All das geht nur, wenn du alles andere ausblendest. So kommen Höchstleistungen zustande.
Ein hoher Zeitaufwand, Lernen und Schreiben in langen Nächten – rund die Hälfte aller Studierenden in Österreich kommt mit dieser mentalen Belastung nicht klar. Wie kann man den Stresssituationen entgegenwirken?
Auch hier gilt, bei sich zu bleiben. Stress ist Angst. Angst hängt mit angelernten Gedanken, Gefühlen und Handlungen zusammen. Ja, der Aufwand ist immens! Aber – und das ist wichtig: Wenn du es dir zu eigen machst und darauf hörst, was dir guttut, dann ein sinnvolles, individuelles Zeitmanagement umsetzt und dir insbesondere einen genauen Überblick verschaffst, dann kannst du viel effektiver lernen, schreiben und leben. Das solltest du ebenso für dein Wohlbefinden in deinen Tag oder deine Woche integrieren. Ein Beispiel: Ich bin vor meiner Schauspielprüfung, die sehr intensiv war, in die Toskana gereist, habe mich in ein Hotel auf die Dachterrasse zurückgezogen und intensive Lernzeitphasen festgelegt. Dennoch habe ich mich zwischendurch sonnen lassen, das Meer in Viareggio genossen und mir in Pausen das wohl beste Pistaziencroissant geholt.
Es geht also darum, wie man lernt ?
Ja, denn Lernen ist oft eine Qual, weil man den Schülern und Studenten nicht beibringt, wie man Freude daran findet. Es ist wichtig, nicht nur herauszufinden, welcher Lerntyp man ist oder ob man gerne nachts oder morgens arbeitet, sondern wie man sich das Lernen so schön wie möglich gestalten kann. Ich schreibe meine Bücher in schönen Kaffeehäusern, ich verinnerliche meine Schauspieltexte im Wellnessbereich, und ich habe für meine Prüfungen gemütlich am Balkon gelernt. Zudem habe ich mir stets im Vorfeld genau überlegt, wie ich es schaffen kann, das Bestmögliche herauszuholen, also alle Hausaufgaben zu schaffen, alle Vorlesungsprüfungen beim ersten oder zweiten Termin zu machen und alle Seminararbeiten rechtzeitig abzugeben. Und das sind auch die zwei wichtigsten Zutaten: Erstens, sich einen sehr genauen Überblick über Kurse, Voraussetzungen, Termine und Anforderungen zu verschaffen, und zweitens, zu wissen, was mir guttut und wie ich leben möchte. Diese Komponenten fusioniere ich dann zu einem Zeitplan, der mir genug Zeit zum Energietanken gibt und bei dem ich nicht denke, dass ich tagelang nur das Buch anstarren muss. Wer gut plant, kann alles schaffen.
Keine Opferhaltung
Auf dem Karriereweg steht berufliche Fortbildung ganz oben auf der To-do-Liste. Gerade Frauen sind durch die Triple-Belastung Familie, Job und Weiterbildung besonders gefordert. Wie kann frau diese Aufgaben vereinbaren, ohne selber auf der Strecke zu bleiben?
Bleib dir selbst treu und mach dir bewusst, dass du diese Triple-Belastung gewählt hast. Man darf nicht in die Opferhaltung verfallen und sich so fühlen, als passiere das Leben einem und man könne nichts dagegen tun. In so einem Fall resigniert man lediglich, wird wütend und sitzt nicht mehr am Steuer des „Lebensautos“. Wähle dein Leben, das heißt, wähle auch deine Belastungen! Wenn du realisiert, dass du es gewählt hast, es nach wie vor wählst, und es nicht aus deinem Leben streichen willst, dann finde einen Weg, dich selbst in die Gleichung mehr einzubringen. Das hängt natürlich auch davon ab, wie alt möglicherweise die Kinder sind, wie viel Zeit die Ausbildung in Anspruch nimmt und so weiter. Fakt ist aber, eine Belastung ist nur dann eine Belastung, wenn du sie als solche ansiehst. Das heißt, wenn du zum Beispiel die Dankbarkeit für deine Familie in dir findest und reflektierst, welche Aufgaben wann zu erledigen sind und was davon auf jeden Fall von dir zu erledigen ist, dann merkst du auch oft, wie viel du durchaus delegieren könntest. Es könnte viel freie Zeit für dich bleiben, wenn du bewusster nach dieser Zeit Ausschau hältst. Mütter realisieren dann oft, dass es durchaus mehrere Zeiten pro Woche und auch pro Tag gibt, an denen sie sich ganz sich selbst widmen können. Alles, was es manchmal braucht, ist ein innerer Anstoß. Ich merke selbst oft, dass viele Frauen von Anfang an versucht haben, die „perfekte“ Frau zu sein, alle Belastungen mit Leichtigkeit zu schultern, und dann kam der Zusammenbruch. Sie waren nicht mehr glücklich und haben sich verloren gefühlt. Da hilft es nur, sich wiederzufinden, nach innen zu schauen, zu erkennen, was man braucht und ehrlich zu den Menschen in der Umgebung zu sein. Man hat – besonders als Frau – sich zu erlauben, den eigenen Bedürfnissen entsprechend zu leben. Alles ist machbar, wenn man sich zugesteht, dass man das Recht darauf hat. Damit haben Frauen oft das größte Problem, sie ordnen sich und ihre Bedürfnisse unter.
Sarah Vaclav
Bereits im Alter von sieben Jahren zog es Sarah als Tänzerin auf die Bühne. Bevor sie jedoch dieser Leidenschaft mit einem Diplom in Film und Theater an der Schauspielschule Wien einen professionellen Rahmen geben konnte, absolvierte sie das Studium der Psychologie, bei dem die im Jahr 1990 in Mödling Geborene und in Vösendorf Aufgewachsene auch kriminalpsychologische Erfahrungen sammeln konnte. Als Mentaltrainerin arbeitet sie heute mit Trainees daran, das eigene Potenzial zu erkennen.
Buchtipp: Sarah Vaclav: „Zum Mythos wissenschaftliches Schreiben“