Mythos Penis: Attraktiver Mann mit Bart schaut skeptisch auf eine Banane

Penis-Mythos: Das schweigen der Männer

Die männliche Intimchirurgie beibt ein Tabu. Urologe und Androloge Dr. Franklin Kuehhas klärt über den Mythos Penis auf.

8 Min.

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Ein nackter Frauen-Busen im TV? Alltag. Ein Penis? Nur in Pornos. Männer reden zwar gerne über weibliche Körper, über die eigenen Genitalien aber nur ungern.

Während Schönheitsoperationen bei Frauen seit Jahren gesellschaftlich diskutiert und akzeptiert sind, gilt jeder Eingriff am männlichen Geschlechtsteil nach wie vor als etwas Exotisches – fast schon Unsagbares. Einer, der dieses Schweigen durchbricht, ist Dr. Franklin Kuehhas.

Der gebürtige Niederösterreicher hat in Wien, Heidelberg und am renommierten University College London gelernt und sich auf ein hochspezialisiertes Gebiet eingelassen: die männliche Genitalchirurgie – ein Fachgebiet, das weltweit nur wenige beherrschen. Im Gespräch räumt er mit Vorurteilen auf, erklärt die medizinischen Möglichkeiten und spricht darüber, warum Männer so ungern über ihren Penis reden.

Rothaariger Mann mit Brille und weißem Ärztekittel vor Arztpraxishintergrund
Dr. Franklin Kuehhas © beigestellt

Herr Dr. Kuehhas, warum haben Sie sich ausgerechnet auf die männliche Genitalchirurgie spezialisiert?

Das war kein vorgezeichneter Plan. Ursprünglich wollte ich wie viele meiner Kollegen klassische Urologie machen: Vorsorgeuntersuchungen, Steine behandeln, Tumore diagnostizieren. Doch im Laufe meiner Ausbildung habe ich Menschen getroffen, die mir neue Perspektiven gezeigt haben. Ich habe gemerkt, dass es ein großes, aber unterschätztes Feld gibt: die Genitalchirurgie beim Mann. Irgendwann bin ich einfach links statt rechts abgebogen (lacht) – und habe es nie bereut.

Warum ist dieses Feld so wenig verbreitet?

Ganz einfach: Viele Eingriffe werden nicht von der Krankenkasse bezahlt. Was nicht bezahlt wird, kommt auch in der Ausbildung kaum vor. Junge Urolog*innen lernen in ihrer Facharztausbildung vor allem das, was das System abdeckt. Während Brustoperationen im Fall von Rekonstruktionen nach einer Krebserkrankung bezahlt werden, gilt männliche Sexualität in Österreich rechtlich als Privatvergnügen. Das führt dazu, dass Patienten mit Prostatakrebs, die danach impotent sind, keine Prothese von der Krankenkasse erstattet bekommen.

Das klingt hart.

Ist es auch. Stellen Sie sich vor: Jemand verliert durch eine Krebserkrankung seine Potenz, aber die Lösung – eine Penisprothese – wird nicht bezahlt. Es gibt Urteile des Obersten Gerichtshofs, die das bestätigen. Das ist für Betroffene natürlich bitter.

Trotzdem scheint es nicht nur ein Kassenproblem zu sein, sondern auch ein gesellschaftliches Tabu.

Definitiv. Männer reden nicht über ihren Penis. Frauen sind da viel offener – sie gehen als Jugendliche das erste Mal mit ihrer Mutter zum Gynäkologen/zur Gynäkologin, stellen Fragen, sprechen über Probleme. Fragen Sie mal in einer Männerrunde, wie viele mit ihrem Vater bei einem Urologen/einer Urologin waren. Wahrscheinlich niemand. Männer würden sich niemals die Blöße geben, vor Freunden zuzugeben, dass sie unzufrieden mit ihrem Penis sind. Lieber bestellen sie dubiose Pillen, Streckgeräte oder Vakuumpumpen im Internet, bevor sie zu einem Facharzt/einer Fachärztin gehen. Diese Scham ist enorm.

Penisvergrößerung – ein ewiges Mythos-Thema. Was ist tatsächlich möglich?

Man muss hier differenzieren. Eine echte Verlängerung im steifen Zustand ist medizinisch nicht möglich. Was wir machen können, ist eine Verlängerung im schlaffen Zustand – bis zu sechs Zentimeter. Dabei wird der Penis vom Beckenknochen gelöst, sodass er länger wirkt. Diese Operation ist vor allem für Männer interessant, die sich im Umkleideraum im Fitnessstudio oder in der Sauna unwohl fühlen – wir nennen das das Locker-Room-Syndrom. Wer aber kommt und sagt: „Ich will fünf Zentimeter mehr im erigierten Zustand“, den muss ich enttäuschen.

Und was ist mit einer Penisverdickung?

Die ist technisch deutlich leichter umzusetzen. Man kann Hyaluronsäure in den Schaft spritzen – das hält aber nicht ewig und muss nachgespritzt werden. Nachhaltiger ist die Eigenfetttransplantation: 30 bis 50 Prozent des Fettes baut sich zwar am Anfang wieder ab, aber der Rest bleibt dauerhaft. Eine Verdickung ist sowohl im schlaffen als auch im erigierten Zustand sichtbar und wird daher sehr häufig gemacht.

Ein anderes großes Thema ist die Penisverkrümmung. Wie häufig kommt das vor?

Sehr viel häufiger, als man denkt. Die angeborene Penisverkrümmung betrifft nur bis zu zwei Prozent der Männer. Die erworbene Form hingegen betrifft jeden zehnten Mann ab etwa 40. Meist entsteht sie durch Mikroverletzungen beim Sex. Viele Männer leiden still – und noch schlimmer, wenn Urolog*innen dann sagen: „Damit müssen Sie leben.“ Das stimmt nicht. Man kann den Penis operativ begradigen, ohne dass Funktion, Sensibilität oder Erektionsfähigkeit verloren gehen.

Wie funktionieren Penisprothesen? Das klingt nach Hightech-Medizin.

Sie sind oft die letzte Lösung bei schwerer erek­tiler Dysfunktion. Eine Penisprothese besteht aus einer Pumpe, weiters aus Zylindern, die in den Schwellkörper implantiert werden, und einem Reservoir im Bauchraum, das mit Kochsalzlösung gefüllt ist. Mit der Pumpe werden die Zylinder gefüllt – und der Penis steht. Dabei bleibt alles andere gleich. Der Penis behält sein Aussehen wie vor der Prothese und fühlt sich auch gleich an. Nur: Eine Prothese ist eine medizinische Lösung und nicht für gesunde Männer gedacht, sie ist also nur Männern mit diagnostizierter, unbehandelbarer Impotenz vorbehalten.

Viele Männer greifen bei Potenzproblemen erst einmal zu Tabletten aus dem Internet …

Ein Wahnsinn! Dabei gibt es keinen einzigen Grund, Medikamente online bei dubiosen Quellen zu bestellen. Jeder Urolog:in verschreibt PDE‑5-­Hemmer – Viagra und seine Verwandten – völlig unkompliziert. Sie sind die erste Wahl. Wenn das nicht hilft, gibt es Injektionen direkt in den Schwellkörper. Und wenn das nicht funktioniert, ist die Prothese die letzte Stufe.

Welche Rolle spielt der Lebensstil für die Potenz des Mannes?

Eine riesige. Diabetes, Übergewicht, erhöhtes Cholesterin – all das wirkt sich zuerst auf die Potenz aus. Manchmal ist eine Erektionsstörung das erste Anzeichen einer Herz-Kreislauf-Erkrankung. Männer ignorieren das gerne, aber eigentlich ist es ein Alarmsignal.

Wie oft geht es in Ihrer Praxis um rein ästhetische Wünsche?

Etwa die Hälfte meiner Patienten kommt mit funktionellen Problemen, die andere Hälfte mit ästhetischen Anliegen. Dazu gehören auch Eingriffe wie die Schamhügelreduktion, die oft nach starkem Gewichtsverlust notwendig ist, oder Hodensackstraffungen, wenn die Haut im Alter zu stark hängt oder beim Sport hinderlich ist.

Vasektomie – ein Thema, das immer mehr Paare betrifft?

Absolut. Ab 25 ist sie in Österreich erlaubt und sie ist die sicherste Form der dauerhaften Verhütung. Der Eingriff dauert eine halbe Stunde, mit lokaler Betäubung. Danach braucht es allerdings noch rund 30 Ejakulationen und ein Spermiogramm, um sicherzugehen, dass wirklich keine Spermien mehr vorhanden sind.

Auch Beschneidungen nehmen zu – warum?

Neben medizinischen Gründen wie Vorhautverengungen geht es zunehmend um Ästhetik. Pornografie spielt eine Rolle: Die meisten Darsteller sind beschnitten, und das prägt das Bild. In den USA zeigen Studien, dass beschnittene Penisse bei Umfragen besser bewertet werden. Hygiene ist ein weiterer Faktor. Aber am Ende bleibt es eine sehr persönliche Entscheidung.

Was wünschen Sie sich von der Gesellschaft?

Mehr Offenheit. Wir müssen verstehen: Sexualität ist ein zentraler Teil des Lebens und sollte nicht tabuisiert sein. Wenn jemand Knieprobleme hat, sucht die Person ärztliche Hilfe bei einer orthopädischen Fachperson. Wenn es Probleme im Genitalbereich gibt, sollte es genauso normal sein, eine spezialisierte medizinische Fachperson aufzusuchen.

Profilbild auf weißem Hintergrund von einem Mann in weißem Kittel mit schwarzer Brille
Dr. Franklin Kuehhas © beigestellt

Behandlungen im Überblick

  • Penisverlängerung:
    Nur im schlaffen Zustand möglich, bis zu 6 cm.
    Kosten ab ca. € 5.900.
  • Penisverdickung:
    Mit Hyaluronsäure (temporär) oder Eigenfett (nachhaltig). Sichtbar auch im erigierten Zustand.
    Ab ca. € 5.900.
  • Penisverkrümmung:
    Angeboren oder erworben, operativ korrigierbar.
    Ab ca. € 9.000.
  • Schamhügelreduktion:
    Nach starkem Gewichtsverlust, wenn Haut überhängt und den Penis verdeckt.
    Ab ca. € 10.000.
  • Hodensackstraffung:
    Bei Sportlern oder älteren Männern, wenn das Gewebe Probleme bereitet.
    Ab ca. € 3.200.
  • Vasektomie:
    Dauerhafte Verhütung nach abgeschlossener Familienplanung, Eingriff unter Lokalanästhesie.
    Kosten: € 1.200.
  • Beschneidung:
    Medizinisch notwendig oder aus ästhetischen Gründen, zunehmend auch kulturell beeinflusst.
    Ab ca. € 2.000.
  • Penisprothese:
    Bei therapieresistenter erektiler Dysfunktion. Funktioniert wie ein normaler Penis.
    Jedoch: nur mit klarer medizinischer Indikation.
    Ab ca. € 23.500.
Strichzeichnung einer Penisprothese
Eine Penisprothese © Shutterstock

www.dr-kuehhas.at

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