Andreas Mühe: Familie ist nicht verhandelbar

Im Kunstraum Konrad stellt er seine Serie "Mischpoche" aus

3 Min.

© Andreas Mühe

Der bekannte deutsche Fotograf und Künstler Andreas Mühe stellte im Kunstraum Konrad in Puchberg am Schneeberg seine Serie „Mischpoche“ aus, in welcher der Sohn des Schauspielers Ulrich Mühe und der Theaterintendantin Annegret Hahn die Zeit überlistet und lebende wie tote Familienmitglieder auf Bildern zusammenfügt.

Oft wird dem im Jahr 1979 in Chemnitz geborenen Fotokünstler unterstellt, er würde so etwas wie eine nationale Familienaufstellung der Deutschen praktizieren, setzt sich Andreas Mühe doch neben seinen Arbeiten über das Verhältnis von Mensch und Natur auch mit den Brüchen der deutschen Geschichte auseinander. So hat er im Zyklus von Hitlers Obersalzberg Schauspieler in Naziuniformen in die betörend schöne Landschaft um Berchtesgaden gestellt, in der sie wie Eindringlinge wirken, und diese angesichts der mächtigen Bergkulisse in ihren falschen Posen als klein und fehl am Platz entlarvt.

Weil Andreas Mühe viele Politiker und Politikerinnen fotografierte,  stempelte man ihn – ob der Aufnahmen von Angela Merkel – zum „Kanzlerfotografen“ ab, eine Bezeichnung, die er zurückweisen möchte. In seiner Reihe „A. M. – Eine Deutschlandreise“ schickte er seine Mutter in einem kleinen Auto als Merkel-Double an für die deutsche Geschichte bedeutsame Orte durch das Land. Wie jede Kunst ist auch seine politisch, wobei es ihm wichtig ist, auch die jeweils zweite Seite der Medaille aufzuzeigen.

© Andreas Mühe

Bildhauerei und Fotografie, eine künstlerische Symbiose

Für seine in den Jahren 2016 bis 2019 entstandene Werkserie „Mischpoche“, in der sich seine beiden Familien – mütterlicherseits wie väterlicherseits – gegenüberstehen, hat er akribisch sein Archiv an Familienfotos durchforstet und nach diesen Vorlagen in London Skulpturen bzw. Puppen herstellen lassen, die er dann wiederum auf Bildern zusammenfügte und abermals fotografierte.

Inszenierungen, die für manch einen Betrachter verstörend wirken, weil die Trennlinie zwischen Lebenden und Toten aufgehoben wird. Oder aber auch eine Hommage an jene Protagonisten, welche die Familie und Verwandte, eben die Mischpoche, darstellen. Ein Andenken in Ehre.

Zwischen Wahrheit und Konstruktion

Wie kaum eine andere Familie steht Mühes Familie sinnbildlich für die deutsche Identität und Geschichte. Sein Vater, der 2007 im Alter von nur 54 Jahren verstorbene Schauspieler Ulrich Mühe, war zunächst Schauspieler in der DDR. Kurz vor seinem Tod durfte er mit dem Oscar-ausgezeichneten Film „Das Leben der Anderen“ von Florian Henckel von Donnersmarck, in dem er einen Stasi-Offizier spielte, das Highlight seiner künstlerischen Laufbahn erleben.

In Ulrich Mühes erste Ehe mit der Theaterintendantin Annegret Hahn wurde Andreas Mühe als ältester Sohn geboren. Das Familienporträt seines Vaters inszeniert Andreas Mühe im künstlerisch-bürgerlichen Ambiente. Ebenfalls abgebildet ist Ulrich Mühes zweite Frau Jenny Gröllmann, gestorben 2006, sowie seine dritte Ehefrau, die im Jahr 2012 verstorbene Susanne Lothar.

Beide Frauen waren selbst hochdekorierte Schauspielerinnen. Auf dem Familienporträt seiner Mutter ist der Christbaum geschmückt, im Hintergrund steht die Weihnachtspyramide aus dem Erzgebirge, in der Mitte die Regisseurin Annegret Hahn als kraftstrahlender Ruhepol. Familie ist für den Fotografen „die Keimzelle, das Schöne und das Grauen. Sie kann Liebe sein als auch Verderben – und sie ist nicht verhandelbar.“

© Andreas Mühe

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