Theater am Campus: Faust. Teufel komm raus
Das Open-Air-Spektakel endet in einem Showdown
DAS MINI-ENSEMBLE beim Faust-Caust © Dominik Perchtold/klubkunst
Faust, Gretchen und Mephistopheles. Diese geschichtsträchtigen Protagonisten treffen im altbekannten Kampf um die Seele des Doktor Faust in einer ungewöhnlichen Bearbeitung des künstlerischen Kollektivs glashaus aufeinander. Das tragikomische Open-Air-Spektakel „Faust. Teufel komm raus“ endet in einem Showdown, von dem Goethe nicht zu träumen gewagt hätte. Wir bitten um Aufklärung …
Elena Schwarz
Warum haben Sie für die Inszenierung den Hinterhof des City Campus Wiener Neustadt ausgewählt?
Elena Schwarz (führt Regie und tritt als Big Mama in the Sky, aka Gott, auf): Der Hinterhof hat mich ausgewählt. Öffentliche Orte erzählen von sich aus schon sehr viel. Ein paar wenige davon schreien schrill und laut: „Hier bin ich, mach mich zum Theater!“ Das lässt mir so lange keine Ruhe, bis es früher oder später zur Bespielung kommt. Was gespielt wird, ist nur logische Konsequenz. Faust am City Campus zu inszenieren ist genauso alternativlos wie damals die Odyssee im Babybecken eines Freibades.
Soll der Spielort vor dem „Wissensturm“ auf die Symbiose zum multidisziplinären Wissenschaftler Doktor Hans Faust hinweisen?
Elena: Das wäre durchaus eine passende Interpretation. Wir bespielen auch mehrere Spots: einen alten Wächterturm, die Fenster eines ehemaligen Klostertraktes, die Asphaltstraße, auf der Mephisto, Erzengel Gabriele und Dr. Faust mit einem Golfcar die Siegerstraße entlangfahren. Das Publikum sitzt zwar auf seinem festen Platz, doch seine Augen werden in Bewegung sein, ständig auf der Suche, wo die nächste Szene stattfinden wird. Lauter Suchende, wie auch unsere Titelfigur.
Hier bin ich, mach mich zum Theater!
Elena Schwarz
Clara Scheicher
Vor welche Herausforderungen stellt Sie diese Produktion?
Clara Scheicher (Organisation): Ein Freilufttheater stellt einen immer vor größere Herausforderungen. Wie Elena bereits angesprochen hat, wird es mehrere Schauplätze geben. Dies muss in der Organisation von Anfang an berücksichtigt werden, da den Zusehenden ein guter Blick auf alle Schauplätze ermöglicht werden muss. Wir haben uns deshalb für unterschiedliche Ticketkategorien entschieden, um verschiedene Ebenen zu erschaffen: Liegewiese, Sitzpolster, Sessel und Bartische.
Eine Herausforderung wird auch das unvorhersehbare Wetter sein. Bei Regen finden die Vorstellungen statt, aber bei Unwetter, das unsere Zusehenden und Schauspielenden gefährden würde, geht die Sicherheit selbstverständlich vor! Auch die Terminplanung für Fotoshootings, Teaserdreh und Proben ist nicht immer einfach. Wir haben jedoch sehr früh mit dieser Planung angefangen, und haben deshalb einen guten Überblick über die Monate bis zur Premiere. Ich bin sehr dankbar, dass ich bei dieser Produktion durch das Team der Bibliothek im Zentrum, Elena und Thomas, nicht auf mich allein gestellt bin und sie mir mit Rat und Tat zur Seite stehen, falls mal Probleme auftauchen.
Elena Schwarz
Elena, bereits die Geschlechter-Besetzung der Rollen verweist auf eine außergewöhnliche Inszenierung. Was ist Ihre Botschaft?
Elena Schwarz: Ehrlich? Diesbezüglich gar keine. Es hat sich über die Jahre hinweg ein „Mini-Ensemble“ gebildet, das einfach herrlich miteinander kann. Wenn ich besetze, denke ich zu allererst an die Schauspieler „meines Ensembles“. Wir adaptieren unsere Stücke nicht nur auf Orte hin, sondern auch auf die Spielenden, kennen ihre Körperlichkeit, ihre besonderen Stärken, ihr darstellerisches Potenzial.
Es gibt Dinge, die sind intuitiv unumstößlich, da grüble ich überhaupt nicht herum. Wie ich den András Sosko zum ersten Mal als Gretchen gesehen hab mit seiner hellblauen Perücke und dieser ungekünstelten Feminität, habe ich mich bestätigt gefühlt: Es ist einfach unabdingbar, dass dieser 1,93 Meter große Vollbartträger mit vollster Ehrlichkeit und Seriosität meine Grete ist.
Thomas Kodnar
Thomas, in Ihrem Skript wendet sich Faust an diabolische Mächte, um die Welt vor dem Untergang zu retten. Welchen Preis verlangt Mephisto?
Thomas Kodnar (Autor): Mephisto verführt Faust zu einem recht herkömmlichen Deal: Eine Hand wäscht die andere. Die Experimente des Doktors glücken – dafür hilft er dem Teufel, Gott zu stürzen. Dahinter steckt mehr, als es anfangs den Anschein hat … und doch auch weniger, in einem gewissen Sinn, oder zumindest etwas sehr Simples, Menschlich-allzu-Menschliches.
Unser Teufel ist nicht „böse“. Er will bloß „frei“ sein – und was auch immer das im Detail bedeutet, er kann es jedenfalls nicht, solange er für Big Mama in the Sky arbeiten muss. Auch Fausts Motive sind nicht so eindeutig, wie er sich selbst vormacht. Will er wirklich die Welt retten – oder will er vor allem derjenige sein, der die Welt gerettet hat?
Sie setzen die Story in eine postmoderne Beziehung zu Gott, zum Arbeitgeber wie auch zum aktuellen Lifestyle etwa der veganen Ernährung: also Faust als „Erfinder“ des modernen Menschen – mehr Wissen, mehr Geld, mehr Macht?
Thomas Kodnar: Wenn ich vorhandenen, geschichtsträchtigen Stoff adaptiere, ist ein wichtiger Arbeitsschritt, mir zu überlegen: Was spricht mich persönlich an dem Stoff an? Warum? Wie kann ich diese Aspekte betonen? Wie lässt sich der Stoff verdichten und sich in ein Setting übersetzen, das ein gegenwärtiges Publikum interessieren könnte?
Kurz gesagt: Wie kann ich Stoff, Zeitgeist und meinen auktorialen Input so verweben, dass das Ergebnis sinnvoll, ästhetisch und unterhaltsam ist? Wenn das sehr theoretisch klingt und diese spannende Frage nicht zu beantworten scheint, liegt das daran, dass ich nichts vorwegnehmen möchte. Ich freue mich über alle, die nach Wiener Neustadt kommen und das Resultat dieser Überlegungen selbst erleben!
Theater am Campus
Termine: 14., 16., 20., 21., 22. August, 19:00 Uhr
Infos & Tickets:
www.glashauskollektiv.com
www.ntry.at/faustteufelkommraus
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